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Bettelnde Menschen als Tourismus- und Geschäftsstörung?

http://www.argejugend.at/2013/03/rechtsstaat-be…chtspopulismus/

Das nunmehr aufgehobene steirische Bettelverbot war jenem konsumvertrottelten Grazer Innenstadtmob und dem Boulevard geschuldet, die sich im Kauf- und Konsumrausch durch die bloße Anwesenheit armer Menschen provoziert fühlen. Flugs waren die bettelnden Menschen als „Geschäftsstörung“, als „Sicherheitsgefährdung“, als „Gefahr für den Tourismus“, als „Bettlerproblematik“ und als „Sündenböcke für Politikversagen“ entworfen. Mit Jörg Haider hat sich in Österreich diese Sündenbock-Politik in der gesellschaftlichen Mitte etablieren können. Der politisch-mediale Blick fokussiert seither nicht mehr Strukturen, Prozesse und Systeme, sondern er identifiziert mittels reaktionärer Stammtisch-Politik Sündenböcke und stellt sie an den Pranger: AusländerInnen, SozialschmarotzerInnen, MuslimInnen, AsylwerberInnen oder eben bettelnde Menschen. Die öffentliche Aufgeregtheit steht freilich in überhaupt keinem angemessenen Verhältnis zur tatsächlichen Bedeutung des Themas „Betteln“. „Wenn die bettelnden Roma unser einziges Sicherheitsrisiko wären, so hätten wir von der Polizei in Graz nur noch Innendienst“,  offenbarte mir ein ranghoher Offizier der Polizei. Doch woher rührt dieses Ressentiment gegenüber bettelnden Menschen? Wie lässt es sich mit sozialdemokratischen wie auch mit christlich-sozialen Weltbildern vereinbaren, nicht die Armut zu bekämpfen, sondern gegen die Ärmsten vorzugehen, die nur um milde Gaben bitten? Und wie kann ein Bürgermeister einer Menschenrechtstadt ein Bettelverbot rechtfertigen, ohne diesen inneren Widerspruch zwischen Menschenrechtsstadt und Bettelverbot zu sehen?

 

Bettelnde Menschen als Spiegel für eine zutiefst ungerechte Welt

Die konsumvertrottelten BürgerInnen einer Glitzer- und Glamourwelt, das parabelhafte Kurfürstendamm-Biotop für Hybris im Geiste von Shakespeares König Midas, wollen bei ihren Shopping-Safaris durch Europas feinste Adressen nicht konfrontiert werden mit den „vielen Gesichtern der Armut“. Schon gar nicht mit den evidenten Zusammenhängen zwischen einer immer ungerechteren Verteilung des Wohlstandes und der permanenten Zunahme von Armut, Arbeitslosigkeit und Prekarität. Der im öffentlichen Raum um Spenden bittende bettelnde Mensch ist für den seinsvergessenen Shopping-Bürger somit Provokation, Ärgernis und Projektionsfläche für eigene Charakterdefizite in einem Stück, gewissermaßen ein Sündenbock für eh fast alles! Der Anblick der Armut von Angesicht zu Angesicht könnte ein Spiegel für Selbsterkenntnis sein, ein Stachel im Fleisch der Wohlhabenden, eine sozialpolitische Initialzündung, um den unermesslichen Reichtum Europas fairer aufzuteilen. Doch er ist der Fehdehandschuh, der das neue Biedermeier des rauschhaften und ungestörten Konsumierens herausfordert und zum Ausgrenzen um jeden Preis verleitet.

 

Betteln im liberalen Geist eines aufgeklärten Europas tolerieren

Natürlich ist Betteln nur eine „buchstäbliche Notlösung zur Minderung der bedrückendsten existenziellen Not“, kein beispielhaftes Modell für ein Leben in Menschenwürde. Doch eine liberale europäische Rechts- und Werteordnung muss in der Lage sein, nonkonformes, die Gesetze respektierendes Verhalten wie „Betteln“ zumindest zu tolerieren, wenn schon nicht zu akzeptieren. Selbstverständlich stimmen wir mit Bürgermeister Siegfried Nagls Position überein, dass die osteuropäischen Staaten zu einer menschenwürdigen, existenzsichernden Politik von der EU verdonnert werden mögen. Doch wir dürfen diesen überfälligen sozialpolitischen Kraftakt nicht auf Kosten der bettelnden Roma austragen, sondern über die europäischen Institutionen. Pfarrer Wolfgang Pucher, der diese Sicht ebenfalls teilt, weist zudem beharrlich darauf hin, dass wir den bettelnden Menschen, die bei uns anklopfen, hic et nunc helfen müssen und sie nicht auf den St. Nimmerleinstag vertrösten können. Denn das widerspräche dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter aus dem Neuen Testament, der sofort und angemessen Hilfe leistet. Bettelverbote widersprechen aber auch den kodifizierten Ansprüchen einer Menschenrechtsstadt Graz ebenso wie der vom Land Steiermark ressortübergreifend verabschiedeten „Charta des Zusammenlebens in Vielfalt“. http://www.zusammenleben.steiermark.at/cms/beitrag/11562700/68684441

 

Reformpartnerschaft muss endlich Kante und Flagge zeigen für Menschenrechte

Die Reformpartnerschaft – wir wiederholen unsere bereits im Vorjahr publizierte wohlwollende Einschätzung – hat für unsere Steiermark viele kluge politische Entscheidungen getroffen, an deren Beginn die notwendige Einsicht erwuchs, dass die SPÖ und die ÖVP miteinander für unser Land arbeiten müssen und das Landeswohl über Parteiinteressen zu stehen hat, will man unser Land nicht – wie in Kärnten geschehen – in den wirtschaftlichen Bankrott führen. Die Bundesregierung kann von unserer Landesregierung sachpolitisch alles lernen, umgekehrt wäre es eine Bernhardsche Fataltragödie! Für diese kooperative Form des Regierens für übergeordnete Landesziele gebührt unser ganzer Respekt und unsere Unterstützung!

 

Kein „Heulen mit den Wölfen des Rechtspopulismus“

Doch beim Thema „Betteln“ zog es die geschätzte Reformpartnerschaft vor, sich auf die Seite der rechtspopulistischen Alarmisten zu schlagen, anstatt sich – im Geiste der Menschenrechtsstadt Graz und im Geiste der landeseigenen „Charta des Zusammenlebens in Vielfalt“ – für gelebte Solidarität mit den Ärmsten zu verpflichten. Genau diesen Mut, das lehrt uns der Aufstieg des sogenannten dritten Lagers von Jörg Haider bis H. C. Strache, braucht es aber im politischen Wettbewerb mit den Rechtspopulisten. Die Reformpartnerschaft müsste – analog zu den notwendigen und mutig gestarteten Gemeindefusionen – auch beim Betteln Flagge und Kante zeigen, nicht Einknicken vor FPÖ, BZÖ, Grazer Innenstadtkaufleuten, Boulevardmedien und deren Leserbriefschreibern. Die Reformpartnerschaft darf nicht mit den „Wölfen des Rechtspopulismus heulen“, will sie mittelfristig nicht ihre eigene Glaubwürdigkeit aufopfern. Ein paar Milliarden mehr Schulden bereiteten Bundeskanzler Kreisky weniger schlaflose Nächte als ein paar hunderttausend Arbeitslose. Man möge nie die „kleinen Leute vergessen“, lautete ein grundsatzpolitisches Credo von Josef Krainer I. Beide Persönlichkeiten fänden eine Politik auf Kosten der Allerärmsten schlicht als Schande für ein sozialdemokratisches wie auch für ein christlich-soziales Weltbild.

Foto: Der Standard

Emil Breisach, Pfarrer Wolfgang Pucher und Wolfgang Benedek üben Solidarität mit den bettelnden Roma – mit ihnen Tausende weitere Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft

 

Trotz VfGH-Urteil – das Menschenrechtsnetzwerk wird wachsam bleiben und Konzepte gegen Armut vorlegen

Doch der energische Widerstand des steirischen Menschenrechtsnetzwerkes, des Grazer Menschenrechtsbeirates und das Erkenntnis des VfGH hat diesem „Einknicken vor dem Rechtspopulismus“ glasklar die Grenzen aufgezeigt. https://www.facebook.com/argejugend  Im losen steirischen Menschenrechtsnetzwerk wie auch in dem von Joachim Hainzl gegründeten Österreichischen Forum gegen Bettelverbote heißt es trotzdem: Wachsam bleiben und nichts anbrennen lassen! http://www.gegenbettelverbote.at/

Denn von einer Entschuldigung oder zumindest dem Ausdruck des ehrlichen Bedauerns seitens der Reformpartnerschaft war bislang – ausgenommen sei LH Franz Voves – leider nichts zu vernehmen. Die Geschichte lehrt uns: Wer einmal vor dem rechtspopulistischen Mob eingeknickt ist, der muss sich als aufrechter Verteidiger von Grund- und Menschenrechten erst wieder profilieren. Darauf dürfen wir zumindest hoffen, bleiben aber jedenfalls zum politischen Widerstand parteiübergreifend bereit, wenn die Reformpartnerschaft wieder mit den Wölfen des Rechtspopulismus zu heulen beginnt! Der Grazer Menschenrechtsbeirat und das breite, parteiübergreifende Menschenrechtsnetzwerk werden sich in den kommenden Jahren dem wichtigen Thema einer Sozialpolitik für die Überwindung von Arbeitslosigkeit und Armut zuwenden und dazu Konzepte entwickeln. Eine europaweite Sozialpolitik, die auf keinen Menschen vergisst und jedem/r WohnbürgerIn der EU ein ausreichendes Leben in Menschenwürde garantiert, braucht ihre Energie nicht in symbolische Ersatzhandlungen wie Bettelverbote zu verschwenden. Sie hätte alle Hände voll zu tun, eine auf Vollbeschäftigung gegründete Sozialunion zu entwickeln, die Betteln unnötig macht.

LH Voves distanziert sich vom Bettelverbot

Mit Pfarrer Wolfgang Pucher, dem unermüdlichen Vorkämpfer in der tagtäglich praktizierten christlichen Nächstenliebe, freuen wir uns, dass nun auch unser geschätzter Landeshauptmann Franz Voves sich von seiner ursprünglichen Positionierung „Pro Bettelverbot“ klar und deutlich distanziert hat. Die Kathpress berchtete darüber online: „Voves hatte am Mittwochabend [20.3.2013] bei der Verleihung des Menschenrechtspreises des Landes Steiermark einbekannt, bei seiner Zustimmung zu einem generellen Bettelverbot dem Druck „von der Straße“ und seitens der Stadt Graz nachgegeben und nicht genügend auf seine innere Stimme gehört zu haben. So etwas würde er heute nicht mehr machen, so Voves; zu dieser Einsicht habe nicht zuletzt ein Gespräch mit Pfarrer Pucher geführt.“
http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/53644.html
Wir haben in den vergangenen Jahren die steirische Reformpartnerschaft wiederholt scharf kritisiert wegen der Einführung des Bettelverbotes. Wir begrüßen daher die Umkehr unseres Herrn Landeshauptmannes beim Thema „Betteln“. Die RegierungskollegInnen und alle Abgeordneten, die das Bettelverbot mitbeschlossen hatten, könnten ebenfalls zu dieser Einsicht gelangen und dem guten Beispiel folgen. LABG Max Lercher, es sei anerkennend erwähnt, hatte seinerzeit schon bei der Abstimmung im Landtag die Zustimmung verweigert. Auch ihm gebührt dafür Dank!

 

 

Foto: VSSTÖ der TU Graz

Trotz Regenwetters demonstrierten über 1.000 SteirerInnen gegen das Bettelverbot – mit Erfolg!

Foto: Kleine Zeitung

 

 

ARGE-Facebook-Thementag am 11.3.2013: Bettelverbot aufgehoben – wie geht es weiter?

ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus: „In der Steiermark wurde das Betteln 2011 verboten und im Jänner dieses Jahres wegen eines Urteils vom VfGH wieder aufgehoben. Stilles Betteln ist seitdem wieder erlaubt.  Kann man sich mit der Lösung nun zufrieden zeigen? Die Meinungen sind gespalten. Siegfried Nagl sagt: „Ich bleibe dabei, dass ich das Betteln für menschenunwürdig halte und daraus im 21. Jahrhundert in Europa kein Beruf entstehen darf.“ Für Pfarrer Pucher hat jeder das (Menschen)Recht, die Öffentlichkeit in einer Notlage um Hilfe zu bitten. Gerhard Kurzmann von der FPÖ meint, dass Betteln kein Menschenrecht sei, wenn dadurch einheimische Bevölkerung, aber auch die Touristen in „aufdringlicher Weise belästigt werden“.

Was ist deine Meinung hierzu? Quelle: http://steiermark.orf.at/news/stories/2566498/“

Nora Musenbichler: „Seit 17 Jahren kümmert sich die Vinzenzgemeinschaft Eggenberg um Menschen, die in ihrer großen Not, nach Graz kommen, um hier auf den Straßen um Hilfe zu bitten. Wir haben für sie im VinziNest und VinziSchutz ein warmes Bett, eine warme Mahlzeit und bei Bedarf auch medizinische Versorgung. Es sind hauptsächlich Roma aus der Ostslowakei, die zu uns kommen, da die Arbeitslosenrate in ihrer Heimat für Roma bei über 90% liegt. Die geringe Sozialhilfe reicht nicht zum Überleben. Wenn man die Miete, Strom, etc. abzieht bleiben einer 3köpfigen Familie pro Tag € 0,50/Person zum Leben! Wir sind immer wieder in der Heimat der von uns betreuten Menschen und sehen die erbärmlichen Wohnungen und Häuser – ohne Strom, ohne Wasser. Das Geld, das sie in Graz erbetteln, sichert ihnen das Überleben. Das Bettelverbot war für diese Menschen eine Katastrophe, da sie durch den Verkauf der Zeitungen Megaphon oder Global Player viel weniger Einnahmen hatten. Wir haben uns mit voller Energie dafür eingesetzt, dass dieses Bettelverbot wieder ausgehoben wurde.“

 

Pfarrer Wolfgang Pucher: „Dies ist der Kern des Problems. In der Südostslowakei, woher die meisten, der in Graz um Hilfe bittenden Menschen kommen, hungert jede Familie einmal im Monat. Von dem Geld, das sie vom Staat erhalten – Arbeit gibt es für Roma so gut wie keine – bleiben ihnen nach Abzug der Fixkosten pro Person und Tag € 0,55.“

 

FPÖ-Graz, Klubobmann Mag. Armin Sippel: „Für uns geht es nicht darum, dass der Anblick von Bettlern kaum zu ertragen wäre sondern um eine ganz andere Problematik, nämlich die organisierte und gewerbsmäßige Bettelei, die nach wie vor ungelöst bleibt! Aus Sicht der Freiheitlichen werden hier Menschen in Notlagen von kriminellen Vereinigungen ausgenützt und als Geldbeschaffungsquelle missbraucht. Die Art der Umsetzung dieses generellen Bettelverbots hat leider rechtliche Angriffsflächen geboten und so ist diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu akzeptieren.“

 

Pfarrer Wolfgang Pucher: „Wie einen Rosenkranz beten Vertreter der FPÖ seit vielen Jahren die Behauptung herunter, dass es bei uns „organisierte und gewerbsmäßige Bettelei“ gäbe, bei der “ h i e r Menschen in Notlagen von kriminellen Vereinigungen ausgenützt und als Geldbeschaffungsquelle missbraucht“ werden. Wenn die FPÖ Beweise hat, warum legt sie diese vor? Was mich viel mehr interessierten würde ist die Frage, welche Motive hat eine Partei, Menschen zu kriminalisieren und noch dazu unter dem Vorwand, die Opfer, die es in diesem Fall nicht gibt, zu schützen?“

 

Cho Gori: „Wieso fällt der FPÖ nie etwas anderes ein, als anderen die Schuld zu geben, wenn die Umstände nicht der heilen Welt entsprechen? Bei Asylwerbern sind’s die Schlepperbanden und bei den Bettlern die Mafia. Es wäre angebrachten, sich die Umstände anzuschauen, die Menschen dazu bringen ihre Heimat zu verlassen und zu betteln. Die Menschen kamen nicht aus eigenem Verschulden in diese Umstände. Den wahren Schuldigen hingegen werden haufenweise Almosen zugesteckt, ohne dass sie sich auf die Straße setzen müssen – und hier ist wohl eher eine Mafia auch mit im Spiel.“

 

Franz Stangl: „Bettelverbot? Willkommen im Mittelalter! Seit damals schon wissen die Stadtregierungen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Wer kann schon zweifelsfrei feststellen, wer wirklich arm ist und wer simuliert. Aber ist ein Verbot wirklich eine angemessene Reaktion? Ein generelles Bettelverbot haben quer durch die Geschichte wirklich nur die Hardliner vertreten – wollen wir heute in Graz unbedingt zu denen zählen? Als Beweis dafür, dass die Aufklärung bei uns noch nicht ganz angekommen ist? Und dass Errungenschaften wie die unantastbare Würde des Menschen andernorts gelten mögen, nur nicht hier in der Stadt der Menschenrechte?“

 

FPÖ-Graz, Klubobmann Mag. Armin Sippel @ Pfarrer Pucher: „Und Sie behaupten gebetsmühlenartig, dass es solche Fälle in Graz keinesfalls gäbe. Wir kriminalisieren NICHT die Bettler sondern diejenigen, die diese Menschen, Kinder eingeschlossen, zu ihren Zwecken missbrauchen. Die Menschen, die in Graz betteln, kommen aus EU-Nachbarstaaten, an die Österreich über die EU viel Geld bezahlt. Es ist die Pflicht dieser Staaten, wie beispielsweise der Slowakei, für deren soziale Sicherheit und Unterstützung zu sorgen. Diese Staaten verabsäumen es aber, ihren Pflichten nachzukommen und ihre eigenen Probleme in dieser Hinsicht in den Griff zu bekommen. Und jetzt soll es unsere Pflicht sein, stellvertretend diese Aufgaben zu lösen?“

Alexandra Stocker: „Wer sind die nächsten, die scheinbar nicht in die gesellschaftliche Norm passen und besser aus dem Stadtbild vertrieben werden?!“

Landespolizeidirektor Josef Klamminger: „Ein Gesetzes mit einem generellen Verbot ist ganz allgemein ungleich einfacher zu vollziehen als ein solches mit einer Vielzahl von Tatbestandselementen. Das generelle Bettelverbot hatte abschreckende Wirkung, weshalb es auch kaum zu Beanstandungen kam. Umgangen wurde dieses Verbot mit Sonderleistungen (vgl. Verkauf von Zeitungen, Musizieren usw.), was ob der grundsätzlich abschreckenden Wirkung des Gesetzes gleichfalls keinerlei Probleme bereitete und sich die Zahl der Bettler in Grenzen hielt. Besondere Tatbestandselemente hingegen, wie eben aggressives Betteln bedürfen eine besondere Ermittlung (Aggressivität muss herausgearbeitet werden) und binden naturgemäß Personal. Die Beweisführung gestaltet sich schwierig, die abschreckende Wirkung eines solchen Gesetzes ist minimiert, weshalb sich die Polizei in der Praxis vornehmlich an Anzeigeerstattungen orientieren wird, zumal Maßnahmenbeschwerden vor dem Unabhängigen Senat, so sie verloren werden, für die belangte Behörde mit Kosten verbunden sind.

In den Sommermonaten ist mit einem Anstieg von Bettlern, ferner mit begleitenden Umständen (Revierkämpfe, vorgespielte Invalidität usw.) zu rechnen, weshalb die Politik neuerlich veranlasst sein wird, sich mit der Materie auseinanderzusetzen.“

Pfarrer Wolfgang Pucher: „Es ist mit Dankbarkeit festzustellen, dass die Polizei bei u n s sich nicht zu Handlangern armenfeindlicher Kreise gemacht hat.“

 Joachim Hainzl vom Verein Xenos: „Mir ist schon klar, dass Herr Polizeidirektor Klamminger milieubedingt Begriffe aus seinem Polizeialltag verwendet. Allerdings bin ich doch betroffen, wie der Umstand dass jemand öffentlich um Gaben bittet, hier mit Begriffen wie „Tatbestandselementen“ umschrieben wird und Totalverbote begrüßt werden als taugliches Mittel einer „abschreckenden Wirkung“. Ich kann Herrn Polizeidirektor daher nur höflich ersuchen, das Verfassungsgerichtshofurteil, das zur Aufhebung des steirischen Bettelverbotes führte, durchzulesen. Hier werden angebliche „Tatbestandselemente“ (wie auf der Straße sitzen, …) als legitime Inanspruchnahme von Menschenrechten bewertet. An diese Vorgaben hat sich auch die Exekutive in der Menschenrechtsstadt Graz selbstverständlich zu halten. Ich möchte Sie daher, Herr Polizeidirektor Klamminger, gerne zu einem Gespräch einladen. Vielleicht können wir dies ja auch als eine öffentliche Diskussion, etwa mit Beteiligung von Herrn Pfarrer Pucher durchführen. Denn es scheint nunmehr sehr wichtig, dass nach der Entscheidung des Höchstgerichts auch auf lokaler Ebene das Thema weiter sachlich diskutiert wird!

Danke an die ARGE für Eure Diskutier-Initiative!“

Alex Mikusch: „Ich hab mich sehr über die Aufhebung des Urteils durch den VfGH gefreut. ein wichtiges Zeichen gegen die fortschreitende Ausgrenzung von personengruppen, die ohnehin bereits an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden.“

ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus: „Europäisches Grundeinkommen = „DIE Therapie gegen Armut“ Die Armut bekämpfen kann nur, wer die Europäische Union und ihre Staaten als leistungsstarke Sozialunion entwirft. Europa steht im Jahr 2013 auf den Trümmern jener neoliberalen Revolte, die das Dogma des (ohnedies nur vermeintlich!) freien Marktes bei gleichzeitigem „Rückbau des Sozialstaates“ in die allermeisten Gehirne der politischen, wirtschaftlichen und medialen Eliten indoktrinierte. Der Sozialstaat wird von den neoliberalen Wendehälsen – von Schröder über Blair bis Schüssel und Cameron – seit den 1990er Jahren stets nur als lästiger Kostenfaktor diskutiert, den es drastisch zurückzubauen gelte. Den Scherbenhaufen dieser neoliberalen Verblendungen können wir in der europäischen Arbeitslosenstatistik nachlesen: In den 27 EU-Staaten waren im November 2012 26,061 Millionen Menschen ohne Arbeit (= 10,7%!; im Euroraum waren es sogar 11,8%!). Tendenz steigend!  http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/3-08012013-BP/DE/3-08012013-BP-DE.PDF

http://epp.eurostat.ec.europa.eu/tgm/table.do?tab=table&init=1&plugin=1&language=de&pcode=teilm021 Wir fordern ein „Drei-Säulenmodell“ einer europäischen Sozialpolitik: ein europaweites (nach Kaufkraftparitäten zu adaptierendes) voraussetzungsfreies Grundeinkommen von zumindest Euro 1.000,– netto für alle WohnbürgerInnen in der EU als erste Säule. Die zweite Säule bildet ein europaweiter, branchenübergreifender Mindestlohn von zumindest Euro 1.300,– netto. Die dritte Säule sind die von den Tarifpartnern zu vereinbarenden deutlich höheren Kollektivverträge nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der jeweiligen Branche. Dieses „Drei-Säulen-Modell“ beseitigt den „Arbeitszwang und das elende Lohndumping“ aus dem europäischen Arbeitsmarkt und braucht als Ergänzung den niedrigschwelligen Zugang zu Bildung und Qualifizierung für alle BürgerInnen. Eine menschenwürdige Existenz aller in der EU lebenden Menschen im Geiste der „Friedens- und Sozialunion“ muss uns allen die dazu nötigen Investitionen wert sein. Die Alternativen dazu tragen viele Namen: eskalative Gewalt, millionenweise Verelendung, Demokratieverdrossenheit und politischer Radikalismus in allen unappetitlichen Formen! Ch. E.“

Max Lercher: „Der Verfassungsgerichtshof hat klar entschieden und das ist auch gut so. Wir haben in der Steiermark ein Verbot gegen Kinderbetteln und aggressivem Betteln. Der Versuch die Bettelei als Ganzes zu kriminalisieren ist einfach falsch. Letztlich ist auch das Betteln auf die große Schere zwischen Arm und Reich zurückzuführen und die Verteilungsfrage auch in Österreich das zentrale Thema.“

 

 

 

Weiterführende Links:

http://www.zusammenleben.steiermark.at/cms/beitrag/11562700/68684441

http://www.gegenbettelverbote.at/

http://www.graz.at/cms/dokumente/10153775_3722883/43d9c4f5/MRB_Presseaussendung_AufhebungBettelverbot.pdf

http://www.vinzi.at/vinzenz/frames.html

http://www.argejugend.at/2013/01/aufhebung-des-steirischen-bettelverbotes/

https://www.facebook.com/argejugend

http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2574924/

http://steiermark.orf.at/news/stories/2572053/

http://kurier.at/chronik/oesterreich/salzburger-altstadt-soll-bettlerfrei-werden/4.358.162

http://derstandard.at/1356427264328/Verfassungsgerichtshof-hob-steirisches-Bettelverbot-auf

http://kurier.at/politik/inland/armenpfarrer-wolfgang-pucher-gewinnt-vfgh-hob-steirisches-bettelverbot-auf/2.434.059

http://steiermark.orf.at/news/stories/2566498/

http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1331252/VfGH-hebt-steirisches-Bettelverbot-auf

http://www.google.at/search?q=bettelverbot&hl=de&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=l58_Ub3jNojCtAaihYHYAg&sqi=2&ved=0CFkQsAQ&biw=1192&bih=587

http://www.vfgh.gv.at/cms/vfgh-site/attachments/9/0/8/CH0006/CMS1361283710520/bettelverbot_steiermark_g64-8.11.pdf

 

http://www.argejugend.at/2013/03/menschenrechtliches-memorandum-zur-geplanten-novelle-des-steiermarkischen-landes-sicherheitsgesetzes

https://www.facebook.com/argejugend

http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/53644.html