Richtiges Streiten muss gelernt sein
Wie Konflikte unsere zwischenmenschlichen Beziehungen stärken

Solange Menschen aufeinandertreffen, wird es Streit geben, denn es handelt sich dabei um eine sehr wichtige Art der Kommunikation. Miteinander zu streiten, heißt auch, dass man sich mit dem Gegenüber auseinandersetzt – aus diesem Grund sollte uns stets bewusst sein, dass ein Konflikt ein Teil unseres sozialen Miteinanders ist.

Auch wenn es wichtig ist seine Wut oder seinen Ärger einfach einmal frei herauszulassen, sollte es danach möglich sein ein vernünftiges Gespräch zu führen, in dem vor allem Ich-Botschaften gesendet werden, um dem Gegenüber zu vermitteln, was gerade das Problem ist. Zudem kommt aktives Zuhören hinzu, um auch die andere Seite zu verstehen.

Auf die Entscheidung, dass wir Dinge, die uns stören, laut aussprechen, folgt die Aufarbeitung, die ein Leben miteinander einfacher macht. Es ist keine Schade, seine Bedürfnisse, Wünsche und Probleme offen auszusprechen, eher das Gegenteil ist der Fall. Nur so kann ein Zusammenleben gut funktionieren. Trotzdem gibt es unterschiedliche Regeln, wie in all unseren Lebensbereichen, die uns helfen sollen, einen Konflikt so auszutragen, sodass am Ende etwas Positives, im besten Fall eine Lösung für das Problem, herauskommt.

 

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Schwieriger wird es, wenn es zu Konflikten unter Kindern kommt, da diese oft blitzschnell auftreten ohne dass Eltern oder andere Erwachsene überhaupt mitbekommen, was passiert ist. Junge Menschen wissen oft noch nicht, wie sie mit Gefühlen wie Wut oder Zorn richtig umgehen sollen und greifen zum einfachsten Mittel: Gewalt. Deshalb fliegen schnell einmal Bausteine durch die Luft oder es wird an den Haaren gezogen. Wie gelingt es eine solche Situationen zu vermeiden und den Kindern möglich früh beizubringen, dass es auch beim Streiten Regeln gibt? – Die Antworten darauf hat unser Referent Philipp Wolf.

Mit seinem Workshop G´scheit Streiten ist er in steirischen Schulen unterwegs und hilft den Kindern ein Gefühl zu geben, wie der Umgang mit Konflikten aussehen kann. Wir haben ihn dazu genauer befragt:

ARGE Jugend: Wie gehst du den Workshop G´scheit Streiten an? Was machst du mit den Kindern?

Philipp Wolf: In dem Workshop versuche ich gemeinsam mit den Kindern und Jugendliche auf verschiedene Dinge zu kommen, die uns in zukünftigen Konfliktsituationen helfen können: Wir arbeiten einerseits mit dem Bild eines inneren Thermometers, mit dem wir feststellen können, wie sehr wir uns gerade ärgern. Dabei merken wir, dass nicht alles was passiert uns gleich stark betrifft bzw. kalt lässt.

Danach arbeiten wir noch zu vier verschiedenen Konflikttypen und wie wir jeweils mit ihnen im Streitfall umgehen können. Auch die werden zum besseren Verständnis in Bilder verpackt, in diesem Fall werden sie als Hai, Schildkröte, Affe und Eule dargestellt.

ARGE Jugend: Warum ist es so wichtig, den Kindern zu lernen, wie man g´scheit streitet?

Philipp Wolf: Weil ein konstruktives Lösen von Konfliktsituationen eine wichtige Fähigkeit ist, um erfolgreich durch das Leben zu gehen.

ARGE Jugend: Haben die Kinder Scheu vor dem Thema oder sind sie offen und machen gut mit bei dem Workshop?

Philipp Wolf: Da so gut wie alle Kinder schon einmal einen Streit hatten, können sie mit dem Thema etwas anfangen. Durch die Arbeit mit Vergleichen und Bildern wird das Thema auch für Jüngere gut verständlich und zugänglich.

ARGE Jugend: Machst du immer das Gleiche/etwas Ähnliches oder ist das durch die unterschiedlichen Klassen immer anders?

Philipp Wolf: Es gibt Methoden und Spiele, die sich bewährt haben, allerdings versuche ich bei jedem Workshop die Klasse dort abzuholen, wo sie gerade steht. Ich möchte den Kindern und Jugendlichen ja genau das mitgeben, was sie gerade brauchen. Zusätzlich berücksichtige ich natürliche die Wünsche und Vorgaben der Lehrpersonen.

ARGE Jugend: Improvisierst du manchmal?

Philipp Wolf: Da wir die Gelegenheit haben, bei jedem Workshop einen Haufen neuer junger Menschen kennen zu lernen und wirklich alle unterschiedlich sind, würde ich behaupten, dass wir Referent_innen der ARGE Jugend Meister_innen der Improvisation sind.

ARGE Jugend: Gab es mal einen Moment, wo du überfragt warst und keine Antwort auf eine Frage der Kinder hattest?

Philipp Wolf: Für Konfliktlösung gibt es (leider) kein Kochrezept, das immer funktioniert. Und so unterschiedlich wie die Schüler_innen sind auch ihre Konflikte. Leider kann ich nicht immer die idealen Lösungen bieten, was ich in den Workshops auch offen zugebe.

ARGE Jugend: Wie lang machst du den Workshop schon?

Philipp Wolf: Für die ARGE Jugend bin ich inzwischen 3 Jahre tätig, Workshops zu unterschiedlichen Themen mache ich schon einige Zeit länger.

ARGE Jugend: Gibt es eine oder auch zwei besondere Geschichten, die dir aus dem Workshop in Erinnerung geblieben sind?

Philipp Wolf: Besonders in Erinnerung bleiben jene Momente in Workshops, wenn sich Jugendliche untereinander und auch mit den Lehrpersonen wertschätzend und auf Augenhöhe begegnen und sie miteinander ins Gespräch kommen, wie es im Schulalltag sonst eventuell nicht möglich wäre.

ARGE Jugend: Denkst du es wäre wichtig, einen solchen Workshop auch für Erwachsene anzubieten?

Philipp Wolf: Konflikte lösen zu können braucht man in jeder Phase des Lebens, also könnte auch Erwachsene davon profitieren.

ARGE Jugend: Denkst du, dass du G´scheit Streiten kannst? ?

Philipp Wolf: Auch wenn ich vielleicht etwas mehr Wissen zu Konflikten habe, bewahrt mich das auch nicht davor, manchmal wütend und beleidigt zu sein.

ARGE Jugend: Du bist mit vielen anderen Workshops auch an Schulen unterwegs: Sag mir, mit welchem Gefühl gehst du grundsätzlich aus den Stunden mit den Kindern? Hast du das Gefühl sie haben etwas verstanden und konnten etwas mitnehmen?

Philipp Wolf: Sehr oft gehe ich aus den Schulen hinaus und bin bereichert von den Wortmeldungen und Beiträgen der Schüler_innen. Manchmal stimmen mich genau diese oder auch ihr Umgang miteinander nachdenklich, ja ab und an sogar traurig. Gerade die Bilder und Vergleiche bleiben sehr gut hängen und sind oft lange danach noch abrufbar.

ARGE Jugend: Gibt es zum Schluss noch etwas, dass du unbedingt sagen möchtest?

Philipp Wolf: Durch das Leben zu gehen, ohne zu streiten geht nicht – aber vertragen sollte man sich früher oder später wieder!

 

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Quellen:

Philipp Wolf

https://www.eltern-bildung.at/expert-inn-enstimmen/konflikte-unter-kindern-begleiten/

https://instahelp.me/at/lexikon/streiten-ist-gesund/