Tierische Empathie – Bewusstseinsstärkung im Tierschutzunterricht

Tierschutz ist zwar auf rechtlicher Ebene bereits seit Jahrzehnten verankert, die teilweise mangelnde Umsetzung und das oft fehlende Bewusstsein dafür zeigt jedoch, dass noch großer Handlungsbedarf besteht. Gerade wenn es um den Umgang mit Tieren geht, ist die Auseinandersetzung schon im Kindesalter wichtig, um die gesellschaftlichen Mensch-Tier-Beziehungen deutlich zu machen und das Bewusstsein dafür zu stärken.

Wie man das Thema Tierschutz im Unterricht vermitteln und Kinder und Jugendliche dafür sensibilisieren und begeistern kann, zeigen die Methoden des Tierschutzunterrichts des VGT.

 

©miralicious7

 

Das seit 2005 bestehende, bundesweite Tierschutzgesetz stellt das Leben und Wohlbefinden von Tieren unter Schutz. Wohlbefinden meint dabei die Abwesenheit von Schmerzen, Leiden oder Angst. (Sozialministerium, 2019) Trotz dieser bundeseinheitlichen gesetzlichen Verankerung werden Tiere, darunter vor allem Nutztiere, noch immer ausgebeutet und unwürdig behandelt. Immer wieder werden Missstände in der Tierhaltung und dem -transport aufgedeckt, doch die Masse schweigt und die tierquälerischen Umstände bestehen weiter. Um diesem Trend entgegenzuwirken ist vor allem die Förderung von Empathie und Respekt gegenüber allen Lebewesen zentral. Tiere haben ein Bewusstsein, haben Gefühle, können Schmerz empfinden und sind genauso leidensfähig wie wir Menschen. Respekt und Wertschätzung sollte als Grundsatz im Umgang miteinander, egal ob Mensch oder Tier, gelten. Nur so kann eine gerechtere Welt geschaffen werden, in welcher alle Lebewesen selbstbestimmt und friedlich zusammenleben können.

 

Tierschutzunterricht an Schulen – Wie kann SchülerInnen das Thema vermittelt werden?

 

Um bereits Kindern einen Weg des respektvollen Umgangs mit Tieren aufzuzeigen und die Wichtigkeit von Achtung und Wertschätzung eines jeden Individuums zu vermitteln, ist Tierschutzunterricht ein großartiges Mittel. Laut der Tierschutzlehrerin Aline vom VGT spielt dabei das Alter keine Rolle, da jede/r SchülerIn in der Lage ist, Gemeinsamkeiten zwischen Menschen und Tieren zu finden, ob Gefühle, das Bedürfnis nach Zuwendung und sozialen Kontakten oder einfach das Streben danach geliebt und geschätzt zu werden. Dies zeigt SchülerInnen schnell, dass Tiere es genauso verdient haben, gut behandelt und beschützt zu werden, wie sie selbst auch. Wenn die SchülerInnen erst einmal erkannt haben, wie ähnlich ihre eigenen Bedürfnisse und die von Tieren sind, legen sie die erlernten speziesistischen Einstellungen gegenüber nichtmenschlicher Tiere auch schnell zur Seite. Als nächsten Schritt in der Annäherung zum Thema Tierschutz, können Verbindungen zwischen Haustieren, die sehr oft ganz wichtige „Freunde“ für die SchülerInnen sind, und sogenannten „Nutztieren“ hergestellt werden. Den Haustieren werden oft ganz spezifische Charaktereigenschaften zugeschrieben. Das ist auch bei Nutztieren so – sie sind Individuen. Auch diese Tiere fühlen, leiden, lieben und haben Aufmerksamkeit und Schutz verdient. Diese Gedankenfolge fällt Kindern sehr leicht, macht ihnen die Bedeutung der Nutztierhaltung bewusst und schafft einen ersten Einstieg in das Thema Tierschutz.

 

8 einfache Methoden für den Tierschutzunterricht:

  1. Perspektivenwechsel: “Stell dir vor du wärst ein Pferd/ein Schwein/ein Elefant/eine Kuh/…” Die Kinder wechseln die Perspektive und versetzen sich in ein Tier hinein. Dies gibt den SchülerInnen einen neuen Blickwinkel und man kann gemeinsam erarbeiten, was für ein Pferd/ein Schwein/ein Elefant/eine Kuh/etc. gut wäre, wie man als das jeweilige Tier gerne behandelt werden möchte und was deren Bedürfnisse sind.

 

  1. Bilder: Fotos zu zeigen ist nach wie vor eine sehr kraftvolle Möglichkeit. Es müssen keine grausamen Bilder sein – es reichen die Augen von verängstigten Tieren. Die SchülerInnen verstehen sehr schnell die Bedeutung und was dahinter steht.

 

  1. Zeichnen: Bei jüngeren SchülerInnen – z.B. in Volksschulen – ist es wirkungsvoll, etwas zeichnen zu lassen. Z.B. „Wie sollte deiner Meinung nach ein Schweinestall aussehen?“. In diesem Alter fehlt es manchmal noch an dem richtigen Vokabular, aber haben die Kinder erst einmal gezeichnet, können sie ihre eigenen visualisierten Gedanken auch viel besser beschreiben.

 

  1. Spiele: Auch Spiele sind eine gute Möglichkeit, das Thema Tierschutz spielerisch zu beleuchten. Zum Beispiel ein Quiz über Kühe – so merken sich SchülerInnen viel besser was diese sensiblen Tiere alles können.

 

  1. Geschichten erzählen: Jüngeren SchülerInnen kann man bildhafte Geschichten über TierliebhaberInnen oder schöne Beziehungen zwischen Mensch und Tier erzählen.

 

  1. Fakten: Die Schülerinnen sollen erfahren, was Tiere alles können, wozu sie in der Lage sind und wie klug sie tatsächlich sind.

 

  1. Fragen – Fragen – Fragen! SchülerInnen jeden Alters merken sich Dinge besser, wenn sie diese selbst hervorbringen. Eine gute Methode ist es deshalb, statt Inhalte vorzukauen, Fragen zu stellen, sodass die SchülerInnen selbst nachdenken und reflektieren. Gefragt werden kann beispielsweise „Was denkst du ist der Unterschied zwischen Hunden und Schweinen?“ oder „Was denkst du braucht ein Kalb um glücklich zu sein?“ usw.

 

  1. Weiterführendes Material zur Verfügung stellen: Den SchülerInnen sollte durch Bücher, Zeitschriften, Filme oder ähnliches die Möglichkeit gegeben werden, sich weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen und sich zu informieren.

 

 

Foto: Benjamin Wedemeyer on Unsplash

 

Was kann ich selbst tun?

 

Um Tierschutz zu leben ist es am wichtigsten, dass jede und jeder von uns jeden Tag darüber nachdenkt, welche Bedeutung unser Handeln und unser Konsum für Tiere hat, die darin involviert sind. Dabei sollte man Dinge hinterfragen wie zum Beispiel: „Welche Produkte, die ich verwende, sind tierischen Ursprungs und wo kommen diese her?“, „Wie fühlen sich die Tiere dabei bzw. was sind ihre Bedürfnisse und werden diese gestillt?“, „Welche Faktoren kann ich persönlich beeinflussen, um Tiere zu schützen?“, „Brauche ich all die von mir verwendeten tierischen Produkte oder gibt es Alternativen?“. Wenn wir TierschützerInnen sein wollen, müssen wir darüber nachdenken, wie unsere Kaufentscheidungen die Tiere beeinflussen und diese gegebenenfalls anpassen, um Tierleid zu vermeiden.

Da der Handlungsspielraum bei Kindern und Jugendlichen eingeschränkt ist, können diese mit ihren Eltern darüber sprechen und gemeinsam ihren Konsum als Familie hinterfragen. Zudem können schreibfreudige SchülerInnen Leserbriefe an Zeitungen schreiben – als Reaktion auf gewisse Artikel – Leserbriefe dieser Art werden tatsächlich oft abgedruckt, sofern sie nicht zu lange sind. SchülerInnen können sich auch bei Vereinen engagieren und helfen Schilder für Demonstrationen zu basteln und Flyer zu verteilen. Und auf jeden Fall: weitererzählen! Sie sollen nach dem Tierschutzunterricht auf jeden Fall mit so vielen Menschen wie möglich darüber sprechen, was sie gelernt haben. Dasselbe gilt für Online-Kommunikation, wie z.B. Postings erstellen, Blogs schreiben, etc.

Aber am wichtigsten ist es, den Tierschutz selbst zu leben und das eigene Handeln zu reflektieren!

 

 

Wenn du Tierschutz schon aktiv lebst oder Strategien bzw. Tipps für ein tierleidfreies Leben teilen möchtest, lass uns gerne einen Kommentar da!

 

Verfasst von: Patty Wollner

 

Weiterführende Links:

Tierschutzunterricht des VGT

Informationsmaterial zum Tierschutzunterricht

Materialsammlung für Lehrpersonen

Allgemeines zum Tierschutzgesetz des Sozialministeriums

 

Diese und weitere Inputs und Tools können Sie mit der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus in den Projekten „Perspektivenwechsel“ (für Grazer Pflichtschulen) und „Schule ohne Rassismus“ (für steirische Schulen ab der 8. Schulstufe) kennenlernen und aktiv umsetzen. Zur Information und Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Patty Wollner, BA, 0664/88 23 12 56, patty.wollner@argejugend.at („Perspektivenwechsel“) und Verena Ulrich, MSc, 0664/41 70 691, verena.ulrich@argejugend.at („Schule ohne Rassismus“).