Ein/e MitschülerIn wird von SchulkollegInnen geärgert, eine fremde Person wird in der Straßenbahn beleidigt oder angegriffen. Situationen wie diese hat jede/r schon einmal erlebt. Aber wie reagieren wir auf eine solche Notlage, in welche wir nicht direkt involviert sind? Helfen oder wegschauen? Menschen in Gruppen tendieren dazu nicht einzuschreiten, da sie bewusst oder unbewusst hoffen, dass eine andere Person dies tut. Dieses Phänomen nennt man „Verantwortungsdiffusion“ und ist in den unterschiedlichsten Settings zu beobachten. Um in Notsituationen einzugreifen braucht es einerseits Mut aber auch Verantwortungsgefühl. Gerade bei Auseinandersetzungen ist es wichtig abzuwägen, wie gefährlich die Situation ist und ob ein Eingreifen überhaupt möglich ist, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Ist die Situation bereits eskaliert, ist Hilfe anderer nötig. Das einzige, was keine Lösung darstellt, ist gänzliches Unterlassen. Zur Stärkung des eigenen Verantwortungsgefühls in einer Gruppe oder Gesellschaft ist das Erkennen der Gleichwertigkeit aller wie auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl wichtig, welches gerade im Klassen- und Schulkontext durch unterschiedliche Methoden gestärkt werden kann. Welche Methoden das „Wir-Gefühl“ stärken und so auch Solidarität fördern, werden im Folgenden kompakt vorgestellt.
Bei einem Webinar der ARGE-Jugend bekommen LehrerInnen Grazer Mittelschulen einen methodischen und konzeptionellen Input zum Thema Zivilcourage und Solidarität im Schul- und Jugendalltag
8 wesentliche Inputs, um Zivilcourage und Solidarität zu thematisieren und zu diskutieren:
- Konkrete Beispiele geben und diskutieren – „Betroffenheit“ schaffen
- „Verantwortungsdiffusion“ erklären
- Die schweigende Masse stärken – jede Meinung zählt, jede/r ist gleich viel wert
- Eskalationsspiralen bedenken – Sensibilisierung und frühzeitiges Erkennen potenzieller Konflikte
- Klassenzusammenhalt immer wieder fördern
- Negativität beeinflusst dich! – Die Auswirkungen des Umfelds thematisieren
- „Von nix kommt nix“ – TU ETWAS – Handlungsstrategien aufzeigen
- Begünstigende Faktoren für Gewalt in Klassen: schlechte Umgangsformen, Übergriffe durch Erwachsenen, resignative Haltung des Umfelds, inkonsequente oder unverbindliche Regeln, geringes „Wir-Gefühl“
Spielerische Methoden zur Förderung von Zivilcourage und Solidarität im Unterricht:
- Regelvereinbarungen: Die Klassengemeinschaft erarbeitet gemeinsam Regeln und schafft ein Ampelsystem für deren Einhaltung. Einmal pro Woche wird der Stand anhand der Ampelfragen (rot: keine Regeleinhaltung, gelb: Grundregeln (z.B. niemanden schlagen) wurden eingehalten, grün: jede/r achtet auf die Regeln) reflektiert und so das Klassenklima verbessert.
- MS Ohje und MS Hurra: Die Schule macht etwas mit mir! Es wird eine Geschichte von Zwillingen erzählt, die jeweils über vier Jahre hinweg in der MS Ohje und der MS Hurra negative versus positive Erfahrungen machen. In der Klasse wird anschließend diskutiert, wie es wohl nach der Schulzeit welchem Zwilling geht und warum.
- Chatgruppen: Aufzeigen des Mechanismus von Chatgruppen, in denen eine Person gemobbt wird. Durch eine Diskussion soll den SchülerInnen begreiflich gemacht werden, wie schnell es passiert, dass negative Nachrichten verbreitet werden und wie lange es dauern kann, bis geholfen wird. Dabei haben LehrerInnen meist keinen Zugang und keine Kenntnis davon, was den Handlungsspielraum einschränkt.
„Diese und weitere Inputs und Tools können Sie mit der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus in den Projekten „Schule ohne Rassismus“ (für steirische Schulen ab der 8. Schulstufe) und „Perspektivenwechsel“ (für Grazer Pflichtschulen) kennenlernen und aktiv umsetzen. Zur Information und Beratung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Verena Ulrich, MSc, 0664/41 70 691, verena.ulrich@ |