„Keinem Tod ein Leben schenken!“

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur Aufhebung des Verbotes zur Suizidbeihilfe gleicht dem fahrlässigen Öffnen der Büchse der Pandora, der dem griechischen Mythos zufolge Laster, Übel und der Tod entweichen. Die Höchstrichter beugten sich einer grotesken Argumentation der Beschwerdeführer, wonach ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Sterben im Falle schwerer Erkrankungen aktuell nicht möglich sei. Argumentiert wird die Beihilfe zum Suizid (wie auch die aktive Sterbehilfe) mit sehr wenigen, spezifisch gelagerten Fällen wie z.B. bei vollständiger Lähmung des Bewegungsapparates, langjährigem Koma oder bei völligem Verlustes des Kommunikationsvermögens.

Über die Patientenverfügung auf Basis ärztlicher und juristischer Beratung können intensivmedizinische Maßnahmen jedoch bereits jetzt zurückgewiesen werden. Somit kann der Patient in geistig klarem Zustand seine eigenverantwortliche Entscheidung veranlassen. Warum die auf eigenverantwortliches Sterben pochenden Patienten ihre Verantwortung an Ärzte delegieren wollen, ist daher ein Rätsel.

Zu erwarten ist vom VfGH-Erkenntnis ein inhumaner Druck auf schwerstkranke (alte) Personen, ausgeübt von manch raffgierigen Erben ebenso wie von der Effizienztyrannei eines von Kostenminimierung angetriebenen Staatswesens. Beide dem Mammon geschuldeten Motive müssen wir als verantwortungsbewusste BürgerInnen mit aller Kraft abwehren. Der VfGH hat eine „Unterlassungssünde“ begangen, indem er der gesetzlich legitimierten Inhumanität die Tore geöffnet hat. Wir hoffen, dass die Bundesregierung, alle Parlamentsparteien, die Sozialpartner, die Glaubensgemeinschaften und die Zivilgesellschaft sich gegen dieses Erkenntnis engagieren und ihm NICHT Folge leisten.

Wir teilen Rudolf Likars Einschätzung, dass wir „die Gesellschaft vor dem geistigen Virus des assistierten Suizids schützen“ müssen. Was es braucht, ist der großzügige, bedarfsgerechte Ausbau von Hospiz und palliativmedizinischen Angeboten, menschliche Wärme und Nächstenliebe für jedes schwerkranke Menschenleben bis zum letzten Atemzug! „Keinem Tod ein Leben schenken“, so das Motto des 1936 in der Eiger-Nordwand qualvoll verunglückten Alpinisten Toni Kurz – sei das Leitmotiv für uns alle im Umgang mit jedem Menschenleben!

Mag. Christian Ehetreiber

GF-Obmann der überparteilichen ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus

 Anhang:

Link zum Gastkommentar von Dr. Rudolf Likar:

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Link zum Text zur Patientenverfügung des Sozial- und Gesundheitsministeriums:

https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Medizin-und-Gesundheitsberufe/Medizin/Patientenverfuegung.html

Link zum Kommentar des Vatikan zum VfGH-Erkenntnis zur Beihilfe zum Suizid:

https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2020-12/oesterreich-verfassungsgericht-erlaubt-beihilfe-suizid.html