Wer im Gasthaus ein Schnitzel isst, denkt wohl nicht daran, dass er gerade einen Teller voll Gen-Soja vor sich hat. Wer Soja hört, denkt schnell einmal an Tofu essende Veganer, aber sicher nicht an das heimische Schnitzel. Und, dass das Wiener Schnitzel mehr mit São Paulo zu tun hat, als mit Wien, macht jetzt auch keinen Sinn.
Rinderseuche, Fleischhunger und Soja-Boom
Doch die Geschichte geht so: Durch die Ausbreitung der Rinderseuche Anfang der 2000er Jahre, wurde die Verfütterung von Tiermehl in Europa verboten. Da Tiere trotzdem Eiweiß für schnelles Wachstum brauchen, wurde begonnen eiweißreiches Soja zu verfüttern. Die Nachfrage überstieg das heimische Angebot und man begann Soja zu importieren; in rauen Mengen und zu einem großen Teil aus Südamerika.
Zur ziemlich gleich Zeit rochen nämlich Agrarkonzerne in Südamerika das große Geschäft. Es begann ein wahrer Soja-Boom der sich bis heute fortsetzt. Da neue Anbauflächen bald knapp wurden, begann man immer größere (Regen)-Waldflächen in Südamerika zu roden oder abzubrennen. Eine Entwicklung die sich – parallel zum weltweiten Fleischhunger – bis heute fortsetzt und für Tierwelt, Umwelt und Bewohner katastrophale Folgen hat.
Gen-Soja als Tierfutter
Da wir Österreicher gerne Fleisch essen – im Schnitt über 60 kg im Jahr – importieren wir jährlich auch über 500.000 Tonnen (Gen)-Soja aus Übersee für unsere Nutztiere. Dabei zählt Österreich schon zu den Vorreitern von regional und biologisch angebautem Soja in Europa und produziert rund 200.000 Tonnen Soja selbst. Was viele heimischen Konsumentinnen und Konsumenten nicht wissen: Der Anbau von genveränderten Pflanzen ist in Österreich nach einem erfolgreichen Volksbegehren Ende der 90er Jahre zwar verboten worden. Doch als Tierfutter – AMA Gütesiegel zum Trotz- ist Gen-Soja weiterhin erlaubt. Die Konsequenz ist, dass in fast jedem Schnitzel mehrere hundert Gramm (Gen)-Soja aus Übersee stecken.
Mehr Transparenz für einen bewussten Einkauf nötig
Die Helden dieser Geschichte könnten wir Konsumentinnen und Konsumenten sein und den Kauf von Produkten mit Übersee-Soja boykottieren. Doch zum einen ist uns noch immer oft das billige Schnitzel wichtiger, als Fleisch von hoher Qualität und zum anderen wird uns Konsumentinnen und Konsumenten oft das Wissen, wo Soja aus Übersee enthalten ist, verwehrt. Wir Bürger sind deshalb stark gefordert mehr Transparenz bei unseren Lebensmitteln einzufordern. Die Verfütterung von Übersee-Soja muss in einem ersten Schritt beim Kauf von Fleisch klar und deutliche ersichtlich sein. Gastronomiebetriebe müssen über die Herkunft ihrer Fleischprodukte informieren. Nur wenn wir Konsumentinnen und Konsumenten das nötige Wissen bekommen, können wir uns auch bewusst gegen Soja aus Übersee entscheiden und uns so nicht weiter an der Abholzung des Regenwaldes beteiligen.
Bio-Fleisch als Alternative
Wer jetzt nicht auf Fleisch verzichten will und trotzdem auf Nummer sicher gehen will, muss zum teureren Bio-Fleisch greifen. Bio-Betriebe müssen ihre Futtermittel selbst produzieren oder falls nötig in der näheren Umgebung zukaufen. Soja aus Übersee ist in der Bio-Tierhaltung verboten; dies erklärt – neben höchsten Tierhaltungsstandards – auch den höheren Preis für Bio-Fleisch.
Mehr Informationen zu Soja als Tierfutter in Österreich und Europa gibt es hier:
https://www.landschafftleben.at/hintergruende/gentechnik
https://www.nahgenuss.at/blog/soja-tierfutter/
Gastkommentar von Micha Beiglböck der 2016, gemeinsam mit seinem Bruder, die Online-Plattform nahgenuss.at ins Leben gerufen hat. Auf www.nahgenuss.at können Konsumentinnen und Konsumenten bei über 130 Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern Fleisch direkt bestellen.