Ein Theaterstück zur Bewältigung von Konflikten im Schulleben
Albert ist verzweifelt. Er sucht sein Smartphone. Wie soll er ohne Smartphone in der Schule überleben? Das es in der Schule ein Handyverbot gibt, interessiert ihn dabei nicht. Albert weiß, dass er sein Handy auf seinen Tisch liegen gelassen hat. Er weiß auch, wer sein Handy genommen hat. Sein Schulkollege, er nennt ihn „Stinki“ hat bestimmt sein Handy gestohlen. Albert konfrontiert seinen Mitschüler damit, wird handgreiflich, und macht Stimmung gegen „Stinki“. Andere Schüler versuchen ihn zu beruhigen, halten sich aber relativ stark aus der Sache heraus.
Albert wird auch von 3 Mädchen angehimmelt. Albert ist ja so cool, sie liegen ihm zu Füßen. Das wiederum verstehen die anderen Mädchen der Klasse überhaupt nicht, Albert ist doch so ein schmieriger Typ. Diese Meinungsverschiedenheit führt wiederum zu einer „Cliquenbildung“.
Plötzlich erscheint die Lehrerin in der Klasse, fragt was los ist. Albert erklärt seine Version der Geschichte, einige stimmen ihm zu, andere widersprechen ihm. Die Lehrerin kennt Albert und ermahnt ihn. Nachdem die Lehrerin die Klasse verlassen hat, regen sich die 3 Mädchen, der „Fanclub“ Alberts über die Lehrerin auf, wie ungerecht die Lehrerin doch zu ihm war. Daraufhin schaltet sich eine weitere Mitschülerin ein und verteidigt in etwas gebrochenem Deutsch die Lehrerin, worauf sich die Mädchen über die „Ausländerin“ hermachen.
Die Klassenlehrerin spricht mit ihrem Kollegen über die Klasse. Dieser kennt als Turnlehrer der Klasse das Problem zwischen Albert und seinem Mitschüler. Er hat eine Lösung für das Problem im Kopf. Er will diese seiner Kollegin aber nicht sagen, weil er zugibt, dass es eine sehr riskante Lösung ist.
Ein Theaterstück aus dem echten Leben
Diese Szenen kommen uns bekannt vor. Sie könnten sich an einer beliebigen Schule in Österreich abspielen. In Wahrheit sind diese Szenen aber erfunden und Teil eines Theaterstückes.
Mit Unterstützung der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus erarbeitete die NMS Gröbming gemeinsam mit dem lokalen Autor Walter Thorwartl das Theaterstück „Die Klasse“. Regie beim Theaterstück führte die Direktorin der NMS Gröbming, Birgit Walcher. „Ziel des Theaterstücks ist es, Probleme, die in der Schule immer wieder vorkommen, aufzugreifen, zu thematisieren und einen beispielhaften Lösungsweg aufzuzeigen. In den letzten Schulwochen wird das Theaterstück noch mal in allen Klassen thematisiert und aufgearbeitet. Wir hoffen so, eine nachhaltige Wirkung zu erzielen und Konflikten vorzubeugen“, erklärt Birgit Walcher.
In insgesamt 8 Szenen arbeiten die jungen SchauspielerInnen den Konflikt in der Klasse auf. Zwischen den Szenen gibt es vom Schulchor musikalische Darbietungen. Der Schulchor der NMS wird in einigen Liedern auch von den SchülerInnen des Sonderpädagogischen Zentrums von Gröbming unterstützt. Teilweise wurden die Lieder extra umgetextet, damit sie zum Theaterstück passen.
Innerhalb dieser Szenen arbeiten die Kinder den Konflikt auf. Teilweise diskutieren sie selbst über gewisse Themen. Etwa, warum wir etwas gegen Ausländer haben. „Ja, weil deren Sprache so komisch ist“, sagt eine Schülerin. „Vielleicht ist unsere Sprache für sie auch komisch?“, erwidert eine andere. „Nein, das kann nicht sein…“. Im weiteren Dialog einigen sich die Schülerinnen dann darauf, dass eine Sprache kein Ausschließungsgrund sein darf.
Gleichzeitig sucht die Klassenlehrerin nach DarstellerInnen für ihr Theaterstück. Aufgrund der Klassendynamik findet sich bald eine motivierte Gruppe. Selbst der Haupt- und Selbstdarsteller Albert, macht bei diesem Theaterstück mit. Er wurde jedoch von seinem Turnlehrer durch einen Trick dazu gebracht, denn er hat ihm versprochen, dass er als Gegenleistung sein Smartphone verwenden darf.
Was Albert jedoch nicht wusste ist, dass er ausgerechnet mit „Stinki“ zusammenarbeiten muss. Das war der Trick des Turnlehrers. Durch das Zusammenarbeiten der beiden, lernen sie sich besser kennen. So kommen die Probleme von Albert ans Tageslicht, die zu seinem Verhalten führten. Als Kind hat er sehr unter seinem Vater gelitten, denn er konnte ihm nie etwas recht machen. Nach der Scheidung seiner Eltern sind Albert und seine Mutter von der Stadt aufs Land gezogen, wo er noch sehr nach Anschluss sucht. Aus diesem Grund versucht er um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen. Nach dieser intensiven Beschäftigung mit einander, entwickelt sich zwischen den beiden auch eine echte Freundschaft.
Lösungsansätze für die Realität
Aus diesem Theaterstück kann man also einiges lernen. Erstens hat es gezeigt, dass man Konflikte auch auf unorthodoxen und kreativen Weg lösen kann. Denn auch wenn die Geschichte in diesem Fall erfunden war, so spielt sie sich genauso oder ähnlich in vielen Schulen ab. Das ist auch etwas ganz alltägliches, denn Konflikte gehören zum Leben dazu. Und Konflikte zu lösen entwickeln uns persönlich weiter.
Des Weiteren ist der gezeigte Lösungsweg einer, der sehr häufig Konflikte lösen kann. Denn die meisten Konflikte entstehen durch Missverständnisse bzw. einfach dadurch, dass man sein Gegenüber zu wenig kennt. Hätten alle SchülerInnen gewusst, welche Probleme Albert in seiner Familie hat, würden sie sein Verhalten besser verstehen. Hätte Albert sich ihnen anvertraut, hätte er nicht um Aufmerksamkeit kämpfen müssen. Das sind jedoch normale menschliche Reaktionen. Man muss Konflikte aber aktiv ansprechen, um sie zu lösen. Ihnen aus dem Weg zu gehen, funktioniert nicht.
Eine kurze Sequenz aus diesem Theaterstück finden Sie auf unserer Facebookseite.
Christoph Hochmüller