Demokratie braucht besonnene Vernunft!

Unsere Demokratie braucht die besonnene Vernunft einer engagierten, ideologisch breit verankerten gesellschaftlichen Mitte! Unter dieses Motto möchte ich die diesjährige Gedenkveranstaltung beim Internationalen Mahnmal stellen. Die Stadt Graz sowie die drei Opferverbände – KZ Verband, Verband der sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und ÖVP Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner Österreichs – veranstalteten am 1.11.2017 die jährliche Gedenkfeier zur Erinnerung an die NS-Opfer beim Internationalen Mahnmal am Grazer Zentralfriedhof. Diese Veranstaltung kann in turbulenten Zeiten von ihrer Symbolkraft nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die SpitzenrepräsentantInnen der Steirischen Landesregierung und des Landtages, der Grazer Stadtregierung und des Gemeinderates, der Sozialpartnerschaft, des Bundesheeres, der Exekutive, der Magistratsdirektion, der christlichen Kirchen, der Zivilgesellschaft und der slowenischen Nachbarstadt Celje gedenken alljährlich gemeinsam der NS-Opfer und setzen durch diese Veranstaltung ein wichtiges aktuelles Zeichen, sich gemeinsam für Demokratie und Menschenrechte zu engagieren.

Die Feinde der Demokratie und ihre Verbündeten

Dieser breite ideologische Schulterschluss ist im Zeitalter des Widererstarkens rechts- und linksextremer, islamistischer, antiisraelischer, antiamerikanischer und anderer demokratiefeindlicher Sektierer und Hetzer wichtiger denn je. Wir erinnern uns: Die Weimarer Republik wie auch Österreichs Erste Republik stürzten in den Abgrund des Nationalsozialismus, weil es an Verteidigern der demokratischen Mitte mangelte und das Feld den Extremisten überlassen wurde. Unsere Zweite Republik wie auch Deutschland haben die Lektion nach dem 8. Mai 1945 gelernt, überlassen die politische Arena nicht mehr den Antidemokraten in all deren unappetitlichen Ausprägungen. Die Gedenkveranstaltung beim Internationalen Mahnmal ist daher eines jener nicht zu unterschätzenden Zusammenkünfte des vernunftbegabten demokratischen Österreich, das den Feinden der Demokratie offen und beherzt ein klares Zeichen des „Vade retro, audaces fortuna iuvat“ (Weicht zurück, den Mutigen hilft das Glück!) ins Stammbuch schreibt. Europa braucht das Glück, die Entschlossenheit und die Besonnenheit der Mutigen aller Couleurs mehr denn je seit der Gründung der Europäischen Union. Die zitierten Demokratiefeinde verfügen nämlich über brandgefährliche Verbündete: eine wachsende Zahl an notorischen Suderern, Raunzern, Krankjammerern, Nörglern, Staatsverweigerern und Schlechtmachern der Demokratie, des Rechts- und Sozialstaates sowie der langen Zeit des Friedens in Europa. Sie greifen einzelne politische Defizite heraus, stilisieren diese vollmundig zum „Systemversagen“, weil sie Demokratie mit dem illusionären Wunschkonzert der Selbstüberhöhung ichtiotischer Selbstverliebtheit verwechseln. Selbstverständlich besteht jede vitale Demokratie aus dem fragilen Balanceakt zwischen der Mitte und den Rändern, zwischen Programmatik, Verfassungspatriotismus und Mehrheitsprinzip, zwischen überzeugter Affirmation und scharfer Kritik. Wo jedoch die Brandreden der extremen Randläufer zu Brandsätzen werden, da brennt der sprichwörtliche Hut und lässt Alarmglocken schrillen. Max Frischs Meisterwerk „Biedermann und die Brandstifter“ sei allen DemokratInnen die ewige Mahnung, den Feinden der Demokratie keine Heimat zu geben.

Die Untergangshofer entzaubern und in Schach halten!

Diese heterogenen Untergangshofer aus allen erdenklichen dunklen Milieus der Gegenaufklärung verwechseln berechtigte, sachlich und mit Argumenten vorgebrachte Kritik mit sektiererischer, menschenfeindlicher und narzisstischer Renitenz, mit der buchstäblich kein Staat und kein Gemeinwesen zu machen sind. Die Gedenkveranstaltung beim Internationalen Mahnmal ist daher eines jener parteiübergreifenden Statements für unsere europäische Demokratie, für die immer noch Sir Winston Churchills treffliches Bonmot gilt: „Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“ Gewidmet in liebender Erinnerung an unsere unvergessliche Freundin Maria Cäsar! Wir danken Herrn Stadtrat Kurt Hohensinner, dass er in seiner Rede an Maria Cäsar erinnert hat! Christian Ehetreiber