Rezension: Stille Reserven – Eine Zukunftsvision über den Tod als Ressource

Der 1. und 2. November sind für KatholikInnen die Feiertage Allerheiligen und Allerseelen. Für viele Menschen sind dies Tage der Stille, Tage der Erinnerung. Die eigene Existenz, die Endlichkeit und der Tod rücken ins Bewusstsein. Man erinnert sich an Menschen, die im eigenen Leben eine große Rolle gespielt haben.

Sind Sie sich auch der Vergänglichkeit des Lebens bewusst geworden, vor allem in der Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft? Macht Ihnen (Ihre eigene) Sterblichkeit Angst?

Mit dem Phänomen der Sterblichkeit beschäftigt sich Valentin Hitz in seinem akutellen Film „Stille Reserven“. Die (Un-)Endlichkeit ist das Hauptsujet, allerdings auf eine obskure Art und Weise.

Nicht einmal der Tod ist umsonst

Den Traum vom ewigen Leben verkehrt der Filmemacher Valentin Hitz ins Gegenteil. In seinem Zukunftsszenario ist der Tod ein Privileg, das man sich leisten muss. Wer kein Geld für eine Todesversicherung hat, wird künstlich am Leben gehalten. In diesem vegetativen Zustand dient der Mensch als Ersatzteillager für Organe, aber auch für Gedanken. Frauen werden zu Leihmüttern, Gehirne werden mit Informationen gefüttert und dienen als Datenspeicher oder als Lexika. Alle bleibenden Ressourcen werden genutzt, bis die weltlichen Schulden abbezahlt sind. Der Tod wird zum Vorrecht der Reichen und rückt jenen so in ein komplett anderes Licht als es in unserer Gesellschaft vorherrscht. Endlichkeit und Sterblichkeit werden so zu einem wünschenswerten Zustand. Jene, die sich in der gezeichneten Welt das Sterben nicht leisten können, leben in einer Parallelgesellschaft. Einige wenige davon versuchen gegen das System anzukämpfen.

Spaltung der Gesellschaft

Zwei dieser Extrempole, Vincent Baumann, ein reicher Versicherungsvertreter für Todesversicherungen und Lisa Sukulova, eine arme Untergrundaktivistin, sind ProtagonistInnen des Filmes. Er möchte den Status Quo aufrechterhalten, sein einziges Ziel ist es, in der Firma aufzusteigen. Sie ist Verfechterin von einem würdigen Tod und versucht, das System zu untergraben. Ihre Geschichten verstricken sich. Bis zum Ende bleibt offen, ob Vincent das Spiel des Konzerns spielt oder ob er die Ungerechtigkeit des Systems erkennt und sich auf Lisa’s Seite stellt.

Ein typisch österreichischer Film, der zum Denken anregt und uns auf skurrile Art und Weise zeigt, wie dankbar wir für das Leben und auch für den Tod sein sollten. Lassen Sie sich auf dieses Gedankenexperiment ein! Der Film ist seit 28.10.2016 in Österreichischen Kinos zu sehen.

Der Film kann im Unterricht (für Jugendliche ab 16 Jahren) verwendet werden, um sich beispielsweise mit folgenden Fragen zu beschäftigen:
Welche Werte werden dargestellt? (Wie) unterscheiden diese sich von unseren gelebten Werten?
Überschreitet der Film Grenzen? Wenn ja, welche persönlichen oder gesellschaftlichen Grenzen werden überschritten?
Werden im Film Menschenrechte verletzt?
Was können wir aus dem Film lernen?

B.S.