EU im Sturzflug. Nationalismus im Höhenrausch!

EU im Sturzflug, Nationalismus im Höhenrausch, Neoliberalismus ungebrochen! So könnte die Schlagzeile nach dem jüngsten EU-Gipfel lauten. David Cameron hat mit seiner antieuropäischen Politik nicht nur die EU-28 vor sich hergetrieben. Cameron hat en passant auch einen weiteren zerstörerischen Meilenstein im neoliberalen Downsizen von Sozialstandards gesetzt, den unsere Bundesregierung sogleich freudestrahlend umzusetzen gedenkt: die Kürzung von Familienbeihilfen für EU-BürgerInnen, deren Kinder im Herkunftsland leben. EU-BürgerInnen zahlen in unsere Sozialversicherung denselben Betrag ein wie Österreicher, sollen hinkünftig jedoch weniger ausbezahlt bekommen. Familienministerin Karmasin sieht in der geplanten Kürzung nichtsdestotrotz “mehr Fairness”. Worin könnte diese Fairness bestehen in Anbetracht der Ungleichbehandlung von Kindern der bei uns fleißig arbeitenden UnionsbürgerInnen? Bundeskanzler Faymann machte als erster den sozialdemokratischen Präventivkniefall vor Camerons antisolidarischem Vorschlag.

Verkehrter Robin Hood: Wappentier der neoliberalen EU

Erinnern wir uns: Die nach dem Börsencrash 2008 von 11 EU-Staaten eingeforderte Finanztransaktionssteuer gibt es bis heute nicht. Das von Cameron angezettelte Höherhängen des Brotkorbes bei Sozialleistungen wird indes unverzüglich umgesetzt. Ein Sittenbild für den von mir so genannten „verkehrten Robin Hood“, der von den Armen nimmt, um es den Reichen zuzuschanzen.

ORF Bericht über die Kürzungen von Sozialleistungen für EU-Bürger

Standard Beitrag zur unendlichen Geschichte der Finanztransaktionssteuer

FPÖ und Team Stronach glänzen um die Wette

Das Team Stronach und die FPÖ verfielen in Jubelpose: FPÖ-Generalsekretär und Delegationsleiter im Europaparlament, Harald Vilimsky, sieht in einer „Kürzung bzw. überhaupt Streichung von Sozialleistungen für EU-Einwanderer ein geeignetes Instrument, Glücksritter und Wirtschaftsflüchtlinge von Österreich fernzuhalten“. (Vilimsky, ORF-online vom 22.2.2016). Es ist beschämend, dass Vilimsky in Österreich werktätige UnionsbürgerInnen als „Glücksritter und Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet, einfach unglaublich! Überdies fordert Vilimsky im Höhenrausch des Populismus überhaupt [eine] Streichung (!) von Sozialleistungen für EU-Einwanderer.“

Grüne und NEOS bewahren europäische Haltung

In der von Cameron angezettelten österreichisch-europäischen Realgroteske bewahrten zumindest die Grünen und die NEOS eine vorbildliche europäische und antidiskriminierende Haltung: „In Großbritannien arbeitenden und zahlenden EU-Ausländern für vier Jahre Sozialleistungen zu versagen, verstößt in unzulässiger Weise gegen das Diskriminierungsverbot, einen zentralen Grundpfeiler der europäischen Rechtsordnung,“ so die NEOS-Abgeordnete im Europaparlament Angelika Mlinar. NABG Judith Schwentner von den Grünen bezeichnete Kanzler Faymanns Einknicken vor der Position Camerons bzw. der ÖVP zutreffend als „rückgratlos“. Der EU-Gipfel war insgesamt betrachtet ein Gipfel an europapolitischer Unfähigkeit, ein kollektiv geteiltes, regressives Abtauchen in nationalstaatliches Gefuhrwerke, eine Fortsetzung des Verrats an europäischen Grundwerten wie auch an europäischer Gemeinschaftspolitik und ein hundsföttischer Kniefall vor dem türkischen Despoten Erdogan, der ebenfalls aus nationalistischen Motiven mutige kurdische Anti-IS-Kämpfer bombardieren lässt. Vor allem jedoch war der EU-Gipfel ein Turbo-Rückenwind für sämtliche antieuropäischen, antidemokratischen und rechtspopulistischen Kellergeister zwischen Paris und Warschau und zwischen Stockholm und Athen. Christian Ehetreiber

Gastkommentar Wiener Zeitung zur Finanzierung einer sozialen EU über Finanztransaktionssteuer