Ein Plädoyer für Angela Merkels „Wir schaffen das!“ Unvergessene Sternstunden der neueren Geschichte

 
Sir Winston Churchills Beendigung des Appeasements gegenüber Hitlers Nazibande und die mutige Entschlossenheit der vier Alliierten, das NS-Monster zu besiegen.

Mahatma Ghandhis Überwindung der britischen Herrschaft in Indien durch gewaltfreien Widerstand.

Martin Luther Kings zündende Rede „I have a dream…“
Martin Luther Kings I have a dream

Die geglückte Abschaffung der rassistischen Apartheidspolitik in Südafrika durch Nelson Mandela, Desmond Tutu und Frederik Willem de Klerk.

Michail Gorbatschows Zustimmung zur Wiedervereinigung Deutschlands, zum Fall des Eisernen Vorhanges und zur Verhinderung des 3. Weltkrieges, dabei unterstützt von Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher, Francois Mitterand, George Bush sen.

Höchsten Respekt für Angela Merkels herzhaftes, heldenmutiges „Wir schaffen das“, für ihr vorbildliches Voranschreiten im Kanon der EU 28 zu einem ganz anderen, menschenwürdigen und solidarischen Umgang mit Kriegsflüchtlingen, unterstützt von Jean Claude Juncker, Martin Schulz, den deutschen Oppositionsparteien und von sattelfesten Menschenrechtlern in ganz Europa und quer über Parteigrenzen hinweg!

Angela Merkel wagte den „Sprung aus der Geschichte“

Tausende Flüchtlinge, die das mare nostrum auf ihrer Flucht vor islamistischen Massenmördern zum Massengrab machten, führten bei der deutschen Kanzlerin zum radikalen Umdenken in der bis dahin unsäglichen Flüchtlingspolitik der meisten EU-Staaten. Angela Merkel wollte den Ungeist der „Festung Europa“ überwinden. Sie wagte Walter Benjamins „Sprung aus der Geschichte“, aus der Geschichte des antieuropäischen Kleinmutes, des Nationalismus, der Abschottung gegenüber dem Elend der Welt. „Wir schaffen das,“ lautete das mutige Motto der Kanzlerin. Sie sprach tacheles mit dem rechtsextremen, vor Menschenhass triefenden Mob, der hunderte Anschläge auf deutsche Asylwerberheime verübte. Dieser gewalttätige rassistische Menschenschlag, das sei nicht ihr Deutschland, so die Kanzlerin damals in vorbildlichem Schulterschluss mit allen Bundestagsfraktionen. Deutschland parteiübergreifend voran für eine solidarische europäische Flüchtlingspolitik, so lautete die anfangs von Österreich, Dänemark und Schweden mitgetragene „Willkommenskultur“, die europäische Variante von Martin Luther Kings „I have a dream“. Merkel sprach nicht nur Klartext, sie ging mit gutem Beispiel voran: Deutschland nahm rund eine Million Kriegsflüchtlinge in vorbildlicher Weise auf. Merkel wollte mit ihrer großzügigen Initiative die Regierungen und BürgerInnen der EU-28 mitziehen zum solidarischen Handeln, zur freien Vereinbarung einer gerechten Verteilung der Kriegsflüchtlinge auf alle 28 EU-Staaten bewegen.

Die Geister, die der Nationalismus rief…

Frei nach Goethes „Zauberlehrling“ gilt für Europa: Herr, die Not ist groß/die ich rief/die nationalistischen Geister/werde ich nun nicht los!“ Die Kanzlerin machte ihre visionäre humanistische Rechnung ohne die populistischen Wirte in Europas nationalistischen Teufelsküchen. Vom Baltikum über Polen und Ungarn bis Rumänien zelebrierten die soeben noch unter sowjetischer Zwangsherrschaft gewesenen Regierungen den Herrenmenschen gegenüber den großteils muslimischen Flüchtlingen. In verlogener Bigotterie verstiegen sich polnische Politiker gar zur Behauptung, Muslime würden nicht ins katholische Polen passen. Gregor Gysi erklärte ihnen daraufhin die Bergpredigt!

Gregor Gysi erklärt Polens Politikern die Bergpredigt

Als Wladimir Putin im Zuge der Eskalation der Kriegshandlungen in der Ukraine mit dem sprichwörtlichen Säbel in Richtung Polens und des Baltikums rasselte, übten die EU wie auch die NATO unverzüglich Solidarität und verlegten Truppen an die östliche EU-Außengrenze. Als die deutsche Kanzlerin jedoch um dieselbe Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen ersuchte, da hagelte es unverschämte Statements aus den östlichen EU-Nachbarstaaten. Wie seins- und geschichtsvergessen gerieren sich diese Trittbrettfahrer des Antisolidarischen? Wie engstirnig handeln diese Agenten des unheiligen Florianiprinzips? Westeuropa kooperiert seit Jahrzehnten bei der Entwicklung von Demokratie, Kultur und Wirtschaft, doch vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer stellt man eine pharisäerhafte Mir-san-mir-Haltung zur Schau!

Florianiprinzip kippt Merkels „Wir schaffen das“

Das unheilige Floriani-Prinzip und das asoziale Prinzip „Solidarität als Einbahnstraße“ führten in der unheilvollen Verknüpfung mit einem massenhaften Zustrom von Kriegsflüchtlingen, mit islamistischen Terroranschlägen und der Gewaltnacht von Köln zum allmählichen Kippen der optimistischen Stimmung des „Wir schaffen das“ in die aktuelle Richtung: „Das alles schafft uns!“ Die überwunden geglaubten Geister des Nationalismus, des Rechts- und Linksextremismus, des fanatischen Islamismus und der Populismen in jeder noch so unappetitlichen Gewandung feiern seither Geisterstunde in ganz Europa. Sie verführen sogar die besonnene Politik einer solidarischen Mitte zu grund- und menschenrechtlichen Tabubrüchen. Angela Merkels Versuch eines „Sprunges aus der Geschichte“ scheitert aktuell an der Halloweenparty des Nationalismus in den Regierungsstuben der Solidaritätsflüchtlinge und ihrer unheiligen Florianijünger.

Bettina Ramp zum Stimmungswandel in der Flüchtlingspolitik

Staatsregierungen machen Brüssel für eigene Unfähigkeit verantwortlich

Die populistischen Schmierenkomödianten setzen dabei auf die ebenso altbewährte wie unverschämte „Täter-Opfer-Umkehr“: Merkel sei die Schuldige, denn sie habe ja die Flüchtlinge eingeladen. Nun soll sie allein mit dem Problem fertig werden, hieß es von Warschau über Prag bis München unter tosendem Beifall aller Populisten in ganz Europa. Die meisten nationalen Regierungen verschweigen jedoch, dass sie vor einigen Jahren mit ihren zynischen Kürzungen der ohnehin beschämenden Entwicklungshilfebudgets zur Entstehung des Flüchtlingsstromes massiv beigetragen haben. Die EU müsse doch endlich Lösungen für die Flüchtlingsfrage finden, hallt es überdies mit gespaltener Zunge durch Parlamente und Regierungsstuben, wie es im Blätterwald des blökenden Verlautbarungsjournalismus als Echo rauscht. Doch die Solidaritätsverweigerer verschweigen, dass Kommissionspräsident Juncker schon im September einen 16-Punkte-Plan zur gerechten Verteilung vorgelegt hat, der vom europäischen Parlament mit großer Mehrheit (!) angenommen wurde. Der Juncker-Plan zerschellt an der Betonschädeligkeit der nationalen Regierungen, die dann noch über die Chuzpe verfügen, Brüssel für jene Unfähigkeit zu kritisieren, die sie selbst verursachen und lustvoll ausleben. Ein widerlichstes Sittenbild des angewandten und verlogenen Nationalismus, der Europa immer wieder ins Unheil gestürzt hat.

Salzburger Nachrichten zum Juncker Plan

Ein Riss geht durch Europa

Die giftige Melange aus Nationalismus, Massenflucht, islamistischem Terror, dem Aufflammen von Rechts- und Linkspopulismus erzeugen bei zu vielen BürgerInnen das freilich berechtigte Gefühl von Überforderung, von Ängsten des Überrolltwerdens und des ungesteuerten Chaos. Gegen diese emotionale Eintrübung der kollektiv geteilten mentalen Modelle in ganz Europa reichen weder politisch-moralische Appelle aus, noch der redliche Versuch der Vermittlung von Tatsachen, ja nicht einmal das Faktum, dass Österreich, Deutschland und Schweden die Aufnahme der großen Zahl der Flüchtlinge bislang gut organisiert haben. Die entstandene Stimmung und die politische Großwetterlage erzeugten einen tiefen Riss durch ganz Europa, ja selbst innerhalb der einzelnen Fraktionen, sodass der Spirit des „Wir schaffen das“ auf sprichwörtliches Grundeis aufgelaufen ist, feststeckt, vielleicht sogar versenkt worden ist.

Renaissance des Kantönligeistes?

Der Beschluss der österreichischen Bundesregierung, eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen zu definieren, hat zu einem europäischen Erdbeben geführt, das aus dem tiefen Riss in Europa einen kaum überbrückbaren Graben gemacht hat. Die Zeichen stehen jedenfalls auf Sturm. Die Zukunft der Europäischen Union ist ungewisser als je zuvor. Die Renaissance der kleingeistigen Nationalstaaterei ist im vollen Gange. Geisterstunde eben. Ob der Europageist sich gegen den nationalistischen Kantönligeist durchsetzen wird, steht in den Sternen der EU-Flagge. Wir bleiben unbeirrbar Verbündete eines solidarischen, gerechten, friedlichen und menschenrechtsbasierten Europa. Wir werden die besonnene Mitte weiter stärken. Eine Politik der Vernunft mit Empathie für die Gefühlslage der BürgerInnen auf Basis von Verfassung und Recht sollten nicht mit einer nationalistisch aufgeheizten Politik der Gefühle verwechselt werden. Das mare nostrum darf nicht neuerlich ein Massengrab Mittelmeer werden. Christian Ehetreiber

P.S.: Dieser Text entstand nach einem Gespräch mit Altbürgermeister Alfred Stingl, der mich ersuchte, das klare Wort gegen die Rechts- und Tabubrüche in der Flüchtlingspolitik zu erheben.

Links zu den vielfältigen Reaktionen auf die von Österreich beschlossene Obergrenze bei Flüchtlingen

Europa lebt vom Geiste einer selbstreflexiven, aus vielen Quellen gespeisten Aufklärung. Unter diesem Motto dürfen wir die breite Debatte zur beschlossenen Obergrenze unserer Community in Auszügen präsentieren, wollen zu den vielen Kommentaren keinen weiteren hinzufügen.

Europa gespalten in der Einschätzung der von Österreich beschlossenen Obergrenze: Vom Pochen auf GfK und auf eine europaweite Lösung bis zum befürchteten Dominoeffekt

Gespaltenes Europa bei Obergrenzen für Flüchtlinge

In Slowenien gehen die Wogen hoch wegen der von Österreich beschlossenen Obergrenze bei Flüchtlingen

Slowenien reagiert empört auf die Obergrenze Österreichs

ÖVP und CSU akkordieren ihre Linie für eine Obergrenze und positionieren sich gegen Kanzlerin Merkels Willkommenskultur in Form einer anbrechenden CDU-/CSU-internen Revolte gegen die Kanzlerin

Ein Riss geht durch die deutschen Christdemokraten und durch die Regierung

Österreich will heuer nur noch 37.500 Flüchtlinge einreisen lassen. Ministerin Mikl-Leitner und der designierte Verteidigungsminister Doskozil im Interview bei Armin Wolf

Armin Wolf befragt Ministerin Mikl-Leitner und designierten Minister Doskozil zur Obergrenze

Die zum Teil sehr kontroversiellen Stimmen der österreichischen Parteien und die kritischen Mahnungen der Hilfsorganisationen vor den negativen Wirkungen der Obergrenze

Review zu den Stimmen der Parteien und der NGOs auf die Obergrenze

Der Leiter des öst. Bundesasylamtes Taucher liefert Zahlen und Fakten zu den Flüchtlingen

Bundesasylamt liefert Zahlen zu den Kriegsflüchtlingen

Bereits im September 2015 präsentierte EU-Kommissionspräsident Juncker seinen 16-Punkte-Plan, der eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-28 vorsieht und der vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit unterstützt wurde. Doch die nationalen Regierungen v.a. in Osteuropa verhinderten die Umsetzung. „Nationale Interessen vor europäischer Solidarität!“ So lautet die vom Florianiprinzip diktierte Haltung der Staatsregierungen!

Salzburger Nachrichten zum Juncker Plan

Spiegel online zum Juncker Plan

FAZ online zum Juncker Plan

Der Standard online zum Juncker Plan

Der großkoalitionäre Streit darüber, was die Obergrenze bzw. der Richtwert in der Realität konkret bedeutet.

Uneinigkeit darüber was bei Überschreiten der Obergrenze passiert

Die steirische Landesregierung und steirische Gemeinden in ihren Reaktionen auf die beschlossene Obergrenze der Aufnahme von Flüchtlingen

Stimmen der steirischen Landespolitik und der steirischen Gemeinden zur Obergrenze

Amnesty-Generalsekretär Patzelts Kritik an der Bundesregierung und an den unsolidarischen EU-Staaten

Amnesty internationals Kritik an der Obergrenze

Jakob Augstein sieht die deutsche „Willkommenskultur“ unter den Generalverdacht vor allem aus den eigenen Reihen gestellt. Der Konnex zwischen dem deutschen Engagement für Flüchtlinge mit dem „Nie wieder Auschwitz“ ist einigen Kommentatoren ein Dorn im Auge.

Spiegel Redakteur Jakob Augstein verteidigt Merkels Willkommenskultur

Christian E.