EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT – Sinnstiftung oder Ausbeutung? Altruismus oder Eigennutz?

Um etliche Fragen und Meinungen zu „ehrenamtlichem Engagement“ drehte sich am 13.11.2013 der 6. ARGE Facebook-Thementag. Vier Stunden lang konnte eine spannende und kontroversielle Diskussion mitverfolgt werden, bei der Motive abgewogen, Wertigkeiten gegenübergestellt und Vorschläge für die Zukunft des „Ehrenamtes und Freiwilligendienstes“ erarbeitet wurden.

Selbstloser Dienst zum Gemeinwohl oder eigennützige Arbeit
zur Selbstentwicklung?

Ehrenamtliches Engagement kann für die 15 DiskutantInnen sowohl altruistisch als auch eigennützig geleitet sein. Zu den altruistischen Motiven zählen vor allem: „andere glücklich machen“, „anderen Freude bereiten“, „sich kümmern“, „Hilfsbereitschaft“, „Tun ohne Gegenleistung“ oder „Gemeinwohl“, bei den eigennützigen Gründen fielen Begriffe wie „unschätzbare Erfahrungen sammeln“, „Kompetenzen erweitern“, „individuelle Potentiale entfalten“, „höhere Breitenwirkung als im Beruf“ und „Ergänzung zum Alltag“. Aber auch „Sinnstiftung“ gilt als Motiv für freiwilliges Engagement. Eine klare Polarisierung zwischen altruistischem Handeln und Eigenmotivation kann oder soll aber nicht stattfinden, da die „innere Motivation“ an sich ausschlaggebend ist und Menschen, die sich ehrenamtlich einsetzen, oft von mehreren Motiven geleitet werden. Wichtig zu erwähnen ist hierbei, dass auch auf die eigenen Grenzen geachtet werden muss, dass die so genannte „Selbstlosigkeit“ auch mit den eigenen Bedürfnissen vereinbart werden muss. Die Antwort auf die Frage lautet also schlicht und einfach: beides.

Keine Trennung von „ehrenamtlichem Engagement“ und „freiwilliger Arbeit“
Ehrenamt und freiwillige Arbeit unterscheidet sich laut den DiskutantInnen lediglich davon, als dass der Begriff „Ehrenamt“ früher mit einer Funktion in einer Institution und deshalb auch mit einem regelmäßigen Einsatz verbunden war. Heute gibt es diese „Rolle“ des Ehrenamtes nur mehr vereinzelt, viele engagieren sich freiwillig ohne an eine bestimmte Institution gebunden zu sein. Die Unterscheidung erzeugt laut Diskussion „nur künstliche Unterschiede zwischen Menschen“. Kritisch wurde angemerkt, dass zwischen „Helfen durch freiwilliges Engagement“ und „Auferlegung eines Zwanges, um in der Arbeitswelt bestehen zu können“ sehr wohl unterschieden werden sollte, da bei letzterem die Freiwilligkeit in den Hintergrund gerät.

Spenden versus Investieren von Arbeit und Zeit
Was ist mehr wert: Geld oder Zeit? Diese Frage wurde in der Diskussion immer wieder aufgegriffen. Dabei wurde einerseits angemerkt, dass ein „gut gemeintes“ freiwilliges Arbeiten oft eine schlechtere Wirkung erzielt als eine professionelle Tätigkeit und in diesem Fall wohl Geld bessere Verwendung finden würde. Andererseits herrschte die Meinung, dass keine Wertung erfolgen, sondern die Entscheidung jeder/m selbst überlassen werden sollte, „ob und wie man/frau anderen helfen kann und will“. Demzufolge ist nur wichtig, dass geholfen wird!
In diesem Zusammenhang fiel auch mehrmals der Begriff des sich „frei“ Spendens/Kaufens. Dies wird einerseits als Erleichterung des Gewissens gesehen oder aber als eine Art, seinen Beitrag zu leisten ohne selbst „mitanzugreifen“. Diese Frage lieferte Anknüpfungspunkte zu ehrenamtlichem Engagement als „Pflicht“, „der Gesellschaft etwas schuldig sein“ und „Verantwortung gegenüber anderen“…

(Eigen-)Verantwortung als wesentlicher Faktor des Funktionierens
einer Gesellschaft

Als bedeutend wurde die Tatsache betrachtet, dass ehrenamtliche Arbeit aus freien Stücken heraus passieren muss, ohne der Erwartung einer Gegenleistung sei es in Form von Anerkennung, Lohn, etc. Zudem darf freiwillige Arbeit nicht aufgrund von gesellschaftlichen Druck oder Zwang erfolgen. Jede/r sollte sich für sich selbst verantwortlich fühlen und „Eigenverantwortung auch als Mitverantwortung“ für andere begreifen. Pflicht ist dann nicht mehr negativ konnotiert, sondern wird als notwendig zum Funktionieren einer Gemeinschaft/Gesellschaft betrachtet, in die sich jede/r eigenverantwortlich und freiwillig einbringt. Dies wäre zumindest wünschenswert.

 Die Rolle des Staates
„Ohne den freiwilligen Einsatz würde es viele Organisationen, die z.B. Menschen in Not helfen, nicht geben!“ – dieses Zitat der Diskussion zeigt die Bedeutung der ehrenamtlichen Arbeit in unserer Gesellschaft. Dennoch sollte auch der Staat seinen Teil beitragen. In der Diskussion wurde kritisch angemerkt, dass FördergeberInnen freiwillige Arbeit „voraussetzen“. Aufgrund mangelnder Qualifikation und Qualität fallen deren Ergebnisse oft dementsprechend schlecht aus. Bezahlte Arbeit, v.a. im Sozialbereich, wird aber dennoch abgewertet: „Is doch eh immer ehrenamtlich gegangen, warum sollte man Leute dafür bezahlen…“. Der Staat sollte laut DiskutantInnen bessere Rahmenbedingungen für die Ausübung von ehrenamtlichem Engagement schaffen, wie beispielweise Fort- und Ausbildungsmöglichkeiten. Insgesamt sollte Menschen, die sich freiwillig engagieren, mehr Mitspracherecht und vor allem Wertschätzung entgegengebracht werden.

Ehrenamtliches Engagement ist und bleibt für alle Beteiligten eine Bereicherung! In diesem Sinne bleibt mir nur, mich bei allen DiskutantInnen zu bedanken, die mit und bei diesem Thementag zum Nachdenken und Mitanpacken angeregt haben!

Vielen Dank der ÖGPB für die Unterstützung!

oegpb

B.Re.