Eindeutig uneindeutig: Die deutschen BürgerInnen wählten ein paradoxes Patt

Fast 42% der WählerInnen wollen, dass Angela Merkel auch in den kommenden vier Jahren durch die europäische Megakrise führt. Die deutschen BürgerInnen trauen ihrer Kanzlerin am ehesten zu, das von Zockern und Banken angerichtete Wirtschaftsdesaster in Europa, für das die BürgerInnen, nicht die Gambler büßen, zu überwinden. Doch die Deutschen statteten ihre von über 75% geschätzten Kanzlerin nicht mit der dazu nötigen Mehrheit aus. Sie schickten Merkels Koalitionspartner FDP sogar in die Wüste der außerparlamentarischen Opposition. Dem fulminanten Sieg der CDU/CSU haftet somit – bei allem Respekt – das Aroma eines Pyrrhus-Sieges an, da im Bundestag eine hauchdünne linke Mandatsmehrheit stets das sprichwörtliche Damoklesschwert des zukünftigen Regierens bedrohen wird. Der sozialdemokratische Altkanzler Viktor Klima könnte Merkel beredt Auskunft geben, wie es sich anfühlt, als Erster alles zu verlieren, während der Dritte, der versprach in Opposition zu gehen, zum Ersten mutiert. Damoklesschwerter können in Parlamenten also durchaus ihre Gefährlichkeit entfalten! Fazit: Schwarz-Gelb erreichte keine absolute Mandatsmehrheit, Rot-Grün ebenfalls nicht. Wollten die deutschen WählerInnen dieses paradoxe politische Patt im Bundestag, wo – rein rechnerisch – die allseits verfemten „Linken“ das Zünglein an der Waage sind?

 

Die Kleine Zeitung zur Wahl in Deutschland

 

SPD zum zweiten Mal für den Sündenfall Hartz IV abgestraft

Die SPD bekam zum zweiten Male die Rechnung für Hartz IV präsentiert, diesem Supergau der deutschen Sozialdemokratie, der vom damaligen Kanzler Schröder – zutreffend als „Genosse der Bosse“ tituliert – angerichtet worden ist. Peer Steinbrück wie auch Jürgen Trittin waren damals „Part of the Game“ der Hartz-IV-Schande, einem Sündenfall des rot-grünen Reformprojektes, welches von den deutschen BürgerInnen auch zwei Wahlgänge später nochmals abgestraft worden ist. Wir erinnern an jenen Peter Hartz, dessen Hartz-IV-Sozialabbau den Brotkorb für Arbeitslose höher hängte, der indes in seiner Rolle als VW-Personalvorstand seinen Betriebsräten Luxusreisen und Prostituierte in astronomischen Höhen finanzierte. Alles in allem ein widerwärtiges Sittenbild der deutschen Sozialdemokratie, für das sie am Wahltag 2013 nochmals zu Recht die Abrechnung zugestellt bekam.

Zum Nachlesen hier einige Links:

Wikipedia zur VW-Korruptionsaffäre

Spiegel Online Artikel 1 und Artikel 2

Solange sich die europäische Sozialdemokratie nicht aus ihren Verstrickungen des neoliberalen Schröder-Blair-Kurses mit „Downsizen des Sozialstaates“, epidemischer Ausbreitung von Leiharbeit und prekären Arbeitsverhältnissen sowie völlig unzureichender Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut befreit und keine überzeugenden Konzepte für Vollbeschäftigung und „Wohlstand für alle“ vorlegt, solange werden sich die WählerInnen von ihr abwenden wie am vergangenen Sonntag in Deutschland. Interessant erscheint uns, wie lange der Aufwachprozess der Sozialdemokratie noch dauern wird: wie lange der hemdsärmelige Pragmatismus anstelle einer konzeptgeleiteten ideologischen Neuausrichtung für die vitalen Lebensinteressen aller BürgerInnen, die keine Millionäre sind, den Weg zu Wahlerfolgen versperrt.


5%-Hürden sind ein zu entsorgendes antidemokratisches Relikt

Aus demokratiepolitischer Perspektive gilt es unserer Einschätzung nach, die 5%-Hürde zu entsorgen. Dieses der fragilen Weimarer Republik geschuldete Prinzip ist einer etablierten westlichen Demokratie schlicht unwürdig, da diese Hürde absolut minderheitenfeindlich wirkt. Insgesamt 15,8% (4,8% FDP, 4,8% AFD und 6,2% alle anderen Parteien, die nicht im Bundestag vertreten sind) haben ihre jeweiligen Parteien gewählt und sind trotzdem nicht im Bundestag repräsentiert. Dass 15,8% der WählerInnen aus dem Bundestag ausgeschlossen sind, ist ein viel zu wenig beachteter demokratiepolitischer Skandal, der umgehend zu beheben ist. Wir schlagen vor, dass Parteien ab einer Zustimmung von 3% in den Parlamenten vertreten sind. Christian Ehetreiber