Heute ist internationaler Weltmännertag – ein Tag, der Männer und ihre Gesundheit in den Mittelpunkt rückt. Ein Thema, dass hier sofort mitschwingt ist das traditionelle Männerbild, das stark verbreitet ist. Dieses Bild, das Stärke, Emotionslosigkeit und Härte hervorhebt, ist ein gefährlicher Maßstab, der sowohl Männer als auch Frauen zusetzt.
Der Druck, „männlich“ zu sein
Für junge Männer beginnt der Druck oft früh: Sie sollen tough sein, keine Schwäche zeigen und „ihren Mann stehen“. Solche Erwartungen führen nicht selten dazu, dass sie Emotionen unterdrücken und Probleme für sich behalten. Verschlossenheit wird zur Norm, die Gefühle werden zum Gefängnis. Dies mündet oft in Isolation – denn wie soll Nähe entstehen, wenn Verletzlichkeit tabu ist?
Die Folgen dieses Rollenbildes sind dramatisch: Weltweit liegt die Suizidrate bei Männern deutlich höher als bei Frauen, besonders betroffen sind junge Männer. Auch beim Alkohol- und Drogenkonsum liegen Männer deutlich vorne. Zahlreiche Studien belegen, dass der mangelnde Umgang mit psychischen Belastungen und das gesellschaftliche Stigma, Hilfe zu suchen, Jahr für Jahr viele Männer das Leben kostet.
Männlichkeit als Lose-Lose-Thema
Doch nicht nur Männer selbst leiden unter den starren Geschlechterrollen – auch Frauen und die gesamte Gesellschaft tragen die Last dieser unausgewogenen Männlichkeitsbilder. Wenn Männern vermittelt wird, Gefühle wie Angst oder Unsicherheit zu unterdrücken, greifen sie oft auf Aggression, Dominanz und Unterdrückung zurück, um ihren inneren Konflikten Ausdruck zu verleihen. Konflikte werden dann nicht durch Dialog gelöst, sondern durch Machtdemonstrationen. Beziehungen – sei es in der Partnerschaft, der Familie oder im Freundeskreis – zerbrechen oft an dieser emotionalen Distanz und den Machtkämpfen.
So wird Männlichkeit zu einem Lose-Lose-Thema: Männer zahlen den Preis mit ihrer Gesundheit und ihrem seelischen Wohlbefinden, während Frauen häufig mit den negativen Auswirkungen – wie Aggression, Kontrollverhalten und emotionaler Kälte – konfrontiert sind.
Zeit für ein neues Männerbild
Es ist an der Zeit, das traditionelle Bild von Männlichkeit aufzulösen und neu zu definieren. Männlichkeit sollte nicht länger von vornherein mit Stärke und Kontrolle gleichgesetzt werden, sondern Offenheit, Empathie und Vielfalt einschließen. Ein solches neues Verständnis wäre ein Gewinn für alle: Männer könnten freier und gesünder leben, ohne sich dem ständigen Druck gesellschaftlicher Erwartungen zu beugen. Frauen würden Männern auf Augenhöhe begegnen können, ohne durch alte Machtstrukturen benachteiligt zu werden. Und die Gesellschaft insgesamt würde menschlicher, gerechter und verbindender.
Der heutige Weltmännertag ist ein wichtiger Anlass, uns daran zu erinnern: Es geht nicht darum, „Männlichkeit“ zu bewahren, sondern sie zu befreien.
Dominik Knes