Hoher Landtag, geschätzte Abgeordnete, habt Ihr auf Eure hauseigene „Charta des Zusammenlebens“ vergessen? Wir kommen dieser Tage aus dem Staunen kaum heraus: Da beschließt der steirische Landtag – mit Gegenstimmen der Grünen, denen wir hier menschenrechtspolitisch herzlich danken wie zuletzt LH-Stv. Schrittwieser und LH-Stv. Schützenhöfer für die mutige Positionierung bei der gerechten Verteilung von AsylwerberInnen! – die Einrichtung einer Kommission zur Feststellung von „Integrationsunwilligkeit“. Doch die Reformpartnerschaft wie auch die KPÖ „vergessen“ im ausführlichen Text, auch nur einen einzigen Hinweis auf die von Landesregierung und Landtag beschlossene „Charta des Zusammenlebens in Vielfalt“ zu geben sowie die daraus entstandenen Projekte und Programme einer fortschrittlichen Integrations- und Diversity-Politik – darunter unsere Wanderausstellung „Wohnzimmer Steiermark“ – auch nur mit einem Satz zu erwähnen. Wir fordern die Landesregierung und den Landtag daher herzlich auf, sich der eigenen „Charta des Zusammenlebens in Vielfalt“ zu entsinnen und sie zügig umzusetzen. Der Punkt 1.2 der steirischen Charta – Basis unseres steirischen Zusammenlebens in Vielfalt ist die geltende Rechtsordnung – hätte Euren LT-Antrag überflüssig gemacht.
Basis = unsere Rechtsordnung! Bitte den Punkt 1.2 der steirischen Charta beachten!
Zur Erinnerung sei Eure und auch von uns – als seinerzeitiges Mitglied er steirischen Integrationsplattform – mitentwickelte Charta nochmals beigeschlossen und auf den zentralen Punkt 1.2 verwiesen, der KEINE Sonderrechte und Sonderverordnungen zulässt: „Das Zusammenleben aller in der Steiermark beruht auf Gleichberechtigung und Freiheit der bzw. des Einzelnen – mit gleichen Rechten und gleichen Pflichten auf Basis unserer Rechtsordnung [sic!]. Diese Rechtsordnung ist nicht durch Berufung auf Kultur, Religion, ethnische Zugehörigkeit, Tradition oder dergleichen zu relativieren oder außer Kraft zu setzen.“ (Charta, 1.2)
Rechtsüberholverbot der FPÖ einhalten, sonst kann es am Wahltag sehr eng werden!
Und ich erinnere euch, geschätzte Abgeordnete, an das in allen meinen Reden zur Eröffnung des „Wohnzimmers Steiermark“ geforderte „Rechtsüberholverbot der FPÖ“ im Wahlkampf! Denn die Nichtbeachtung des „Rechtsüberholverbotes der FPÖ“ hat seit dem Höhenflug Jörg Haiders und nun H.C. Straches nie der ÖVP und der SPÖ, sondern immer nur der FPÖ und dem BZÖ genutzt. Peter Filzmaier hat dies in dieser Woche bei Armin Wolf in der ZIB2 nachdrücklich ausgeführt! Wie sagte Kreisky dereinst: „Lernen Sie Geschichte!“ Wir appellieren an den Hohen Landtag, wieder Kurs auf die hauseigene „Charta des Zusammenlebens“ zu nehmen und Bildungs-, Präventions-, Arbeitsmarkt-, Kultur- und Sozialprojekte für ein besseres Zusammenleben in Vielfalt bedarfs- und nachfragegerecht zu finanzieren und dazu die exzellente Expertise von NGOs, Bildungseinrichtungen und Fachstellen zu nutzen! Dies ist garantiert eine wirkungsvolle Strategie, um Gewalt, Rassismus und Fundamentalismus gut in Schach zu halten. Also bitte wieder Segel setzen und auf „Charta-Kurs“ einschwenken! Für uns bleibt die gemeinsam entwickelte „Charta des Zusammenlebens“ die „Magna Charta einer fortschrittlichen Integrations- und Diversitypolitik!“ Mit einem steirischen Glück auf!
Euer Christian Ehetreiber
Mehr Informationen zum Thema finden Sie hier:
Die Charta des Zusammenlebens in Vielfalt
Stellungnahme des Menschenrechtsbeirates der Stadt Graz zu Landtagsbeschluss vom 20.1.2015
Entschließungsantrag des Landes Steiermark zu verstärkter Integration
Gastkommentar von Robert Reithofer (ISOP) im Falter
Artikel in der Kronen Zeitung zur Integrationsdebatte
Stellungnahme von Robert Reithofer zum Artikel in der Kronen Zeitung