Überzogene Maßnahmen gegen COVID 19?

Die Akademie der Experten für eh alles weiß immer Bescheid!

Beiträge zur Besonnenheit und Vernunft XIII

Jeder als Experte für eh alles?

Seit das von Weinseligkeit, Hopfen und Sliwowitz imprägnierte Stammtischgespräch Facebook, Twitter & Co eroberte, halten sich immer mehr – meist männliche – Österreicher für den besten Bundeskanzler, den fachkundigsten ÖFB-Teamchef, den carvingaffinsten ÖSV-Cheftrainer, kurzum: Sie sind der satirischen Berufsbezeichnung des Kabarettisten Gunkl zufolge „Experten für eh alles!“ Der Unterschied zum lieben Gunkl besteht indes darin, dass dieser mit brillantem Sprachwitz Cabaret macht, wohingegen die selbst ernannten Experten der Stammtische allenfalls unfreiwillige Role-Models für Satire sind. Covid 19 erweist sich in einer ersten Retrospektive als „Akademie der Experten für eh alles“. In dieser „Akademie“ begegnen wir einem vermeintlichen Geheimwissen, das zumeist aus begründungslosem Behaupten, aus pseudokritischem Hinterfragen halbwegs gesicherter Erkenntnisse, aus totalisierender Statistikskepsis[1] und aus rabiater Ignoranz von wissenschaftlichen Argumenten besteht.

Wissenschaft als Handwerk

WissenschafterInnen formulieren zu thematischem Neuland notwendiger Weise verschiedene Hypothesen. Sie recherchieren, analysieren und beschreiben mit Sorgfalt, ehe sie in den Modus des Behauptens mit Wahrheitsanspruch wechseln. Das Poppersche Falsifikationsprinzip oder der Habermassche „zwanglose Zwang des besseren Arguments“ in einem Universum kommunikativer Vernunft gehören mittlerweile zum interdisziplinären Werkzeugkasten. Die Experten für eh alles kommentieren das wissenschaftliche Spiel vom Fragen und vom Hypothesen bilden mit literarischer Stammtischpoesie in Mundart: „De Wissenschofta reden jo a vü, wenn der Tog long is‘! Sogt da ane so, sogt da ondere net so!“[2]

Social Media macht´s möglich: Stammtischweisheiten in Konkurrenz mit Wissenschaft

Kaum dem gesundheitspolitischen Desaster entronnen, erblühen befremdliche Meinungen über COVID 19 wie die Blumen auf der Sommerwiese! Vorweg seien daher die unter ORF-online mit metakritischen Erläuterungen veröffentlichten Zahlen erwähnt: Mit 16. Juni 2020 sind in Österreich bislang 17.102 COVID-19-Fälle bestätigt. 419 Personen sind aktuell erkrankt, wovon 78 in Spitalsbehandlung sind (davon 12 Personen in Intensivpflege). Am 3. April 2020 waren bei uns 9.193 (!) an COVID-19 erkrankte Personen verzeichnet. Halten wir vor diesem Hintergrund einige Fazits fest:

  1. Gegenüber dem 3.4.2020 sind am 16.6.2020 um 8.779 weniger erkrankte Personen in Österreich zu vermelden. Wir bezeichnen so eine Entwicklung als beachtlichen FORTSCHRITT, den es anzuerkennen gilt! Dieser ERFOLG wurde durch die Maßnahmen der Bundesregierung[3], der Landesregierungen, der Gemeinden, der Sozialpartner, der beteiligten Institutionen, vieler Medien und der Akzeptanz der gesetzten Maßnahmen bei weit über 90% der BürgerInnen erzielt.
  2. Österreich verzeichnet bislang 656 Todesfälle, jeder freilich um einen zuviel! Die John-Hopkins-Universität errechnet die Todesfälle auf 100.000 Einwohner pro Staat. Im Vereinigten Königreich sind es aktuell 62,76 Todesfälle auf 100.000 Einwohner, in Schweden 47,19, in Frankreich 43,80, in den USA 35,37, in Deutschland 10,61, in Österreich 7,65 und in Südkorea 0,54.
  3. NEIN, ein sachlicher Ländervergleich ist kein “LÄNDERMATCH”, wie ein Grazer Epidemiologe vor kurzem mit peinlichster, penetrantester Süffisanz auf Servus TV festhielt. Doch der Ländervergleich mit dem so viel gepriesenen “schwedischen Modell” zeigt EINDEUTIG, dass eine fast SIEBENMAL höhere Todesrate das schwedische Modell schlicht falsifiziert. Die Staatengemeinschaft mit ihren besonnenen und vernunftbegabten BürgerInnen, Institutionen und Regierungen LERNEN MITEINANDER UND VONEINANDER, kriegen in vielen Weltregionen die exponenzielle Ausbreitung des Virus relativ gut in den Griff. In Staaten mit verantwortungslosen Regierungen – USA, GB und Brasilien als Beispiele – breitet sich das Virus weiterhin rasant aus.
  4. Das “Präventionsparadox” lässt sich den „Experten für eh alles“ nicht erklären. Die von wissenschaftlichen Modellrechnungen induzierten präventiven und repressiven Maßnahmen führten zu den vergleichsweise niedrigen Zahlen an Todesfällen, wohingegen in der Lombardei die leider zu späten Reaktionen auf das Virus die Gesellschaft und das Medizinsystem über seine Grenzen an Belastbarkeit hinauskatapultierte. Erinnert man sich noch an die aufgetürmten Särge, an die weinenden Angehörigen, an die völlig erschöpften Ärzte und Pflegekräfte, an Millionen verzweifelte italienische MitbürgerInnen? Dessen ungeachtet wird behauptet, die gesetzten Maßnahmen in Österreich seien überzogen gewesen, weil es hierorts ja so wenige Tote gegeben habe!
  5. Kaum dem Virus entkommen, gerieren sich “sogenannte” Experten, “sogenannte” kritische Journalisten und Neunmalklugs jedweder Provenienz als Hyperkritiker: vom Stammtisch bis Facebook, Twitter & Co. Die Regierung habe überzogen reagiert, der Lockdown habe zu lange gedauert, die Grundrechte seien massiv verletzt worden, das Virus sei ja weniger gefährlich als das Grippevirus kurzum: die Regierung habe (fast) alles falsch gemacht. Hans Krankl bzw. sein Stimmenimitator Alex Kristan bezeichnete diese Spezies an selbst ernannten Besserwissern schlicht und ergreifend als “Vuipuidln” und empfahl ihnen den Anruf bei der “Stocktrottelhotline” unter der Nummer 0815/4711. Das Video findet sich am Ende dieses Beitrages!
  6. Die „Vuipuidln“ insinuieren gebetsmühlenartig, es habe keine Gegenmeinungen gegeben zur Regierungslinie. Die Medien seien großteils gleichgeschaltet gewesen, auf Regierungslinie getrimmt. NICHTS könnte falscher sein als diese Insinuation, wie bereits eine ganz simple Google- oder APA-Recherche zeigt. Gegenstimmen zur Regierungslinie im Überfluss, von seriöser Wissenschaftlichkeit bis zu krausesten Verschwörungs”theorien” konnte sich ALLES Gehör verschaffen. Das Erfreuliche der Präsenz an Widerspruch zu den Regierungsmaßnahmen bestand darin, dass über 90% der BürgerInnen dem Gewäsch der sogenannten Experten und Wichtigtuer NICHT glaubten, sondern den empfohlenen Maßnahmen der Regierung mit Akzeptanz begegneten! Die Qualitätsmedien, die auf mehrdimensionale Recherche sowie auf Pro und Contra setzen, schlossen sich ebenfalls der Regierungslinie an, weil ihnen die gesetzten Maßnahmen als vernünftig erschienen sind und sie in erfrischender Weise mit dem lautstark und breitflächig artikulierten „Un-, Halb- und Pseudowissen“ die argumentativen Klingen kreuzten und redaktionelle Position bezogen! Wer nach der COVID19-Krise immer noch nicht den Unterschied erkennt zwischen ORF, ZDF, BBC, „Die Zeit“, FAZ, den Bundesländerzeitungen, profil, Die Presse, Der Standard u.a.m. einerseits und dem via social media verbreiteten Unsinn von „Vuipuidln“ andererseits, dem sei das ewige Bad in seiner Echokammer empfohlen.
  7. Sündenbockproduktion gedeiht einmal mehr im weltweiten Format, vom Stammtisch über das Weiße Haus bis zur Diffamierung von Bill Gates, verbunden mit unverhohlenem Antisemitismus und Rassismus in jeder Fasson. Linksextreme, Rechtsextreme und andere Demokratiefeinde trafen sich bei Demos gegen Bill Gates zum decouvrierenden Rendezvous!
  8. Ja, weltweite Bedrohungen, wie eine Pandemie es ist, überfordern zunächst (fast) ALLE EntscheidungsträgerInnen wie auch jede/n einzelnen Bürger/in. Wir sollten als wirklich kritische BürgerInnen jedoch IMMER darauf schauen, welche Ergebnisse und Wirkungen in solchen Grenzsituationen von Regierenden, Institutionen und BürgerInnen erzielt werden, die ERFOLGE wertschätzen und unterstützen, die begangenen Fehler – NACH Abwendung des Katastrophenszenarios, NICHT MITTEN IN DER KRISENABWEHR! – sachlich diskutieren und Lehren für die Zukunft ziehen. Wir sollten weiters darauf achten, ob die gesetzten Maßnahmen durch gewonnene Erfahrungen, Reflexion und Nachjustierung weiterentwickelt werden oder ob sturheil ein Programm durchgezogen wird, ob die Notverordnungen eine zeitliche Befristung aufweisen und ob sie dem Legalitätsprinzip von Bundesverfassung und Gesetzen entsprechen. Anders als der Chor echauffierter Grundrechtsverteidiger fühlte ich mich durchgängig in einer funktionalen Demokratie mit vielstimmiger Öffentlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und vorbildlicher Solidarität unter den Menschen!
  9. Ich bin sehr, sehr froh, dass NIEMAND von den “Vuipuidln” vulgo Kritikastern, Besserwissern und Neunmalklugs von unserer Bundesregierung und von den anderen maßgeblichen Institutionen ernst genommen wurde. Das verdient höchste Anerkennung. “Wehe wenn sie losgelassen sind”, die Bagatellisierer der tödlichen Gefahr des Virus, die Adoranten des “Schwedischen Modells”, die Verantwortungslosen des „Mir doch alles wurscht“, die Sündenbockproduzenten, die Feinde der wissenschaftsbasierten Medizin und die Impfgegner! Das ist uns zum Glück erspart geblieben! Doch bleiben wir all diesen Verantwortungslosen gegenüber wachsam und jederzeit widerstandsbereit!
  10. Ich hoffe auf baldige Entwicklung eines wirksamen Medikamentes, um die Todesfälle weltweit massiv zu reduzieren und mittelfristig auf eine freiwillige Schutzimpfung! Hier gebührt den WissenschafterInnen beste Unterstützung, Respekt und Wertschätzung! Die Impfgegner unter den “Vuipuidln” können ja auf Globoli, Esoterik, Veganismus, Wünschelruten und Granderwasser setzen. All das wird ihrer „alternativen Selbsteinschätzung“ nach einen guten Schutz bieten, da sich garantiert 70% oder mehr der verantwortungsfähigen BürgerInnen FREIWILLIG impfen lassen werden, um dadurch einen guten Herdenschutz für die zum Glück kleine Schafherde der Gegenaufklärung aufzuspannen. Euer Christian Ehetreiber

ORF-Corona-Daten vom 16.6.2020

https://orf.at/corona/daten

Interview Michael Fleischhacker mit Bundeskanzler Sebastian Kurz

https://www.youtube.com/watch?v=NEAsmSJAXxA

Interview mit Gesundheitsminister Rudi Anschober

https://orf.at/stories/3169680/

Hans Krankl alias alex Kristan über „Vuipuidln und die Stocktrottelhotline“

https://krposts.com/level/der-goleador-findet-klare-worte-zur-corona-krise/fcxpsK_OlImhz2o

Das Satiremagazin „Der Postillon“ kündigt an: Bill Gates bringt COVID20 als Update auf den Markt!

https://www.der-postillon.com/2020/05/covid-20.html?fbclid=IwAR2N9UE3Gt7wGtKwOXlR_qEGSKGzMgjyG32dS5rza6basrYxqqlUn-CzQyU

[1] Das dümmliche Bonmot, wonach man nur derjenigen Statistik Glauben schenken dürfe, die man selbst gefälscht habe, wird landauf, landab als vermeintliches Zeichen für geistreichen Humor missverstanden.

[2] Einige WissenschafterInnen trugen zum desaströsen Bild ihrer Zunft freilich maßgeblich selber bei, wie die grotesken Kontroversen über das Maskentragen zeigten, die an die ebenso aberwitzige Debatte über die Gurtenpflicht in den 1970er Jahre erinnerte, als ein Teil der damaligen „Experten“ vermerkte, mit angelegtem Sicherheitsgurt könne man im Auto verbrennen und somit mehr Tote erzeugen. Hausverstand hätte in beiden Fällen genügt: Selbstverständlich reduzieren Schutzmasken die Menge an Tröpfchen wie auch der Sicherheitsgurt weitaus mehr Leben gerettet hat, als durch äußerst seltene Fahrzeugbrände zu beklagen sind. Das Image der Wissenschaften ramponieren freilich auch all jene, die sich ihre wissenschaftliche Redlichkeit von Geldgebern abkaufen lassen und zu willfährigen Vassallen und Bücklingen des Mammon mutieren.

Ein Beispiel für seriöse Wissenschaftlichkeit porträtierte mein lieber Freund Dr. Lutz Ammerer, ein höchst kompetenter und mutiger Allgemeinmediziner, indem er an seinen chinesischen Kollegen aus Wuhan, den Augenarzt Dr. Li Wen Liang (12.10.1986 – 7.2.2020), in Form eines beeindruckenden Nachrufes erinnerte. Dr. Li Wen Liang bemerkte bereits zum Jahresende 2019 durch seriöse wissenschaftliche Beobachtung, dass viele seiner Patienten an einer seltsamen Lungenentzündung erkrankten: „Am 30.12.2019 fällt dem chinesischen Augenarzt Li Wen Liang auf, dass etliche Patienten des Krankenhauses in Wuhan offenbar an einer schweren, atypisch verlaufenden Lungenentzündung erkrankt waren, und er informiert Kollegen in einem Chat. Li Wen Liang ist kein Epidemiologe, kein Virologe, sondern einfacher Augenarzt, der aber logische medizinische Schlüsse aus den Ereignissen zieht, die Behörden machen ihn umgehend mundtot.“ (Dr. Lutz Ammerer auf seiner FB-Seite).

[3] Bis zur profil-Meinungsumfrage vom 18.4.2020 wurden die Maßnahmen der Bundesregierung auch von der Opposition unterstützt, ehe infolge einer 48%-Zustimmung zur ÖVP und einer 16%-Zustimmung zu den Grünen (an zweiter Stelle!) das “Umfragevirus” zu grassieren begann und den parteiübergreifenden Schulterschluss flugs sprengte! ÖVP-Innenminister Nehammer holte einige Wochen später zum Gegenschlag auf das „rot-grüne Wien“ aus, ebenfalls gespeist vom „Umfragevirus“ bzw. vom bevorstehenden Wiener Wahlkampf. Beide Reaktionen repräsentieren jenen „Old-Style“ bornierter Parteipolitik, die den meisten WählerInnen zum Halse heraushängt!