Konsum.macht.Umwelt

Am 22. April feiern wir den Welttag der Erde, der die Wertschätzung der Umwelt stärken und das Konsumverhalten zum Überdenken anregen soll. Im Jahr 1970 wurde in den USA dieser Tag erstmals – ausgehend von Universitäten und Colleges – gefeiert. In Nordamerika hat der Tag bis heute einen sehr populären Stellenwert. Seit 1990 bekommt der Tag auch internationale Beachtung und es haben bereits mehrmals Konferenzen und groß angelegte Aktionen stattgefunden um den „internationalen Tag der Mutter Erde“ würdig ins Bewusstsein zu bringen. Selbst Google widmet seit Jahren mit seinen anlassbezogenen Animationen seine Aufmerksamkeit diesem Tag (siehe https://www.google.com/doodles?q=Earth%20Day).

Heuer feiert der Earth Day sein 50. Jubiläum und steht diesmal unter dem Motto „climate action“. Der Klimawandel stellt die größte Herausforderung unserer Zukunft dar und birgt gleichsam enorme Chancen mit unserem Lebensstil diesen zu beeinflussen. Daher widmen wir uns der Frage, wie wir mit unserem Konsumverhalten die Entwicklungen der Umwelt steuern können.

 

Fragen an den Experten

Hans Putzer, langjähriger Weggefährte der ARGE Jugend, Referent der Stadt Graz und geschätzter Buchautor, beantwortet unsere Fragen zum Thema „Konsum.macht.Umwelt“.

Warum hängen unser Konsumverhalten und die Umwelt so eng zusammen?

H. Putzer: Ökosystemisch ist jeder Konsum, ganz egal, ob es um Wohnen, Wärme, Mobilität, Social Medias, Mode, Ernährung, Turnschuhe oder High Heels etc. geht, Naturverbrauch. Bis vor rund einer Generation waren die Reproduktionskräfte der Natur (Bioproduktivität!) noch ungleich stärker als der menschliche Konsum!
Inzwischen “konsumieren” wir Menschen global jährlich mehr Natur als diese “nachproduzieren” kann. Mit einem anderen Bild: Die Menschheit lebt, je nach Berechnungsart, seit den 70er- bzw. 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts vom “Kapital” der Natur und nicht mehr wie zuvor von deren “Zinsen”.
Eine sehr schlüssige Methode zur Berechnung dieses Naturverbrauchs ist der so genannte “Ökologische Fußabdruck”. Dieser stellt einen rechnerischen Zusammenhang zwischen den zur Verfügung stehenden bioproduktiven Ressourcen und unserem Konsum her. Zwei signifikante Zahlen: Jeder Österreicher und jede Österreicherin verbraucht rund das Dreifache an Natur, das ihm/ihr “zusteht”! Und rund ein Drittel dieses Ökologischen Fußabdrucks entfällt nur auf unsere Ernährung. (Ein Viertel ist Wärme und Wohnen, ein Fünftel Mobilität und ein Sechstel unser restlicher Konsum)
Warum geht sich die Rechnung dann aber noch immer aus? – Ganz einfach, weil wir uns nicht autark ernähren!
Unsere Lebensmittelimporte, vor allem aber unsere Futtermittelimporte scheinen nicht in unserer Flächenbilanz auf. Die ökologischen Folgen sind offensichtlich: CO2 durch Transport, Abholzung von Regenwäldern zum Gewinn von Futterflächen etc.

Wie verändert die aktuelle Zeit unser Konsumverhalten und welche Chancen birgt sie?

H. Putzer: Zugegeben: Corona ist die Wiedergeburt des Wunschkonzertes. Es weiß zwar niemand, was noch wirklich kommen wird, aber alle sind sichtlich fest davon überzeugt, dass ihr jeweils schon vor der Krise präferiertes Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell nun endlich von allen als allein selig machende Heilslehre übernommen wird. Ich befürchte, es wird sich gar nichts ändern, und wenn, dann nicht wegen Corona!

Welche Angewohnheiten im Lebensmittel-Konsum sollten wir längerfristig überdenken?

H. Putzer: Der entscheidende Punkt ist und bleibt die Reduktion unseres Fleischkonsums. Ökosystemisch müssten wir in Österreich auf ein Viertel von heute kommen. Alles andere ist dagegen mehr oder weniger Kosmetik. Aber natürlich: “saisonal” und “regional” sind auch sehr hilfreich. Ebenso müssen wir davon wegkommen, dass wir alle miteinander jährlich mehr als einen Monatseinkauf an Lebensmitteln wegwerfen.
In Österreich hat das strukturelle Problem auch einen Namen: Sozialpartnerschaft! Während die Arbeiterkammer mit permanent unfairen Lebensmittelpreisvergleichen – beispielsweise zu Deutschland – die heimischen Produzenten unter Druck setzt und ihre ohnehin oft auch sehr fragwürdigen sozialpolitischen Ziele auf dem Rücken der Bauern austragen, ist wiederum die Landwirtschaftskammer Hüterin einer fast planwirtschaftlichen EU-Agrarpolitik, die vor allem auch von kritischen Bio-Bauern massiv kritisiert wird.

Die Zusammenhänge zwischen unseren Konsumgewohnheiten – vor allem des Fleischkonsums – und die Auswirkungen auf die Bevölkerung, Konflikten und Umweltveränderungen beschreibt Hans Putzer in seinen literarischen Werken „Essen macht Politik“ und „Hungerkriege – Das Schicksal unserer Kinder?“. Wir danken für die Stellungnahme, die wir ganz aktuell von ihm für diesen Blog erhalten haben.

Umweltbewussten Konsum verstehen und erlernen

Neben der von Hans Putzer proklamierten Reduktion des Fleischkonsums spricht auch er weitere Faktoren an, die wir mit unserem Konsum beeinflussen können. Die Herkunft der Produkte ist ein wesentlicher Punkt, wie man verantwortungsbewusstes Konsumieren in die Praxis umsetzen kann. Braucht es Äpfel aus Peru, wo es regionale Ware gibt? Ist es notwendig ganzjährig Erdbeeren aus anderen Kontinenten einzufliegen oder kann man auf alternatives Obst ausweichen, wenn die roten Früchte bei uns nicht gerade Saison haben? Wissen wir warum Schnitzelfleisch aus Südamerika billiger ist als heimisches und welche Folgen dieser Konsum hat? Warum steckt in unendlich vielen Produkten von Lebensmitteln bis hin zu Kosmetik Palmöl? Warum ist dieses so beliebt und welche Gefahren birgt es? Dies sind nur wenige Fragen, die zum Denken anregen sollen.

In unserer Verantwortung fachliche Unterstützung und Anregung für LehrerInnen und SchülerInnen zu geben, haben wir diesmal zum Thema Konsum.macht.Umwelt recherchiert und geben wertvolle Informationen an dieser Stelle weiter. Sie finden hier eine Liste von Hintergrundinformationen, die Kinder und Jugendliche – aber auch Erwachsene! – mit Wissenswertem versorgen und zum Nachdenken anregen.

 

Fotos: Pixabay Collagen – bearbeitet von Claudia Schober
Text: Claudia Schober