Das “Zeitalter der Extreme” kommt in die Südweststeiermark – Eine Grenzregion und ihre historischen Lebensrealitäten

Ausstellung

Von 8. Februar bis 1. März wird die Wanderausstellung „Im Zeitalter der Extreme“ in der Südweststeiermark Station machen. Am 8. Februar findet um 18 Uhr im Greith-Haus die feierliche Eröffnung statt. Wie immer bezieht die ARGE Jugend die Besonderheiten der Gastregion in das Begleitprogramm der Ausstellung mit ein. Diese Einbeziehung ist jedoch nur mit engagierten ProjektpartnerInnen vor Ort möglich. In der Südweststeiermark wurden wir von solchen auf das Thema steirisch-slowenische Grenze hingewiesen. Teile des Begleitprogrammes beschäftigen sich auch mit der wechselvollen Geschichte der Grenze. Die Grenzlage prägte die Lebensrealität der Region in den letzten 100 Jahren maßgeblich. In Jubiläumsjahren beschäftigt sich auch die Geschichtswissenschaft gerne mit diesem Thema. Seit letztem Jahr ist im Museum für Geschichte die dreiteilige Ausstellung „100 Jahre Grenze“ zu sehen. Kuratiert von Professor Helmut Konrad widmet sie sich mithilfe privater sowie regionaler Fotosammlungen, Tondokumenten und Filmen den Folgen der „steirischen Teilung“. Zahlreiche historische Fachbeiträge und Zeitungsartikel ergänzen die Auseinandersetzung mit dem Thema steirisch-slowenische Grenze. Wir möchten aus gegebenem Anlass ebenfalls einen Beitrag zum Thema liefern. Daher folgt nun eine kurze Schilderung der, zählt man alle Veränderungen auf, insgesamt sieben verschiedenen historischen Phasen, welche die Bewohner des Grenzgebietes durchschritten.

 

1900 bis 1945

Zwischen 1900 und 1918 gab es in der heutigen Südweststeiermark keine Grenze. Die Habsburgermonarchie reichte bis nach Bosnien hinein und die Steiermark umfasste große Teile des heutigen Sloweniens. Für die überwiegend deutschsprachigen Einwohner des heutigen Grenzgebietes war die Grenzfrage nicht existent. Sehr wohl präsent waren jedoch Konflikte zwischen der deutsch- und slowenischsprachigen Bevölkerung. Letztere forderte zunächst mehr Rechte. Vor allem die slowenische Sprache sollte aufgewertet und an Schulen und Ämtern, der deutschen gleichgestellt werden. Da diese Forderung bei der deutschsprachigen Bevölkerungsmehrheit und den politischen Entscheidungsträgern auf taube Ohren stieß, kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Dies führte dazu, dass immer mehr Slowenen sich nach Unabhängigkeit sehnten. Alles in allem entfremdeten sich Slowenen und deutschsprachige Österreicher mit der Zeit immer stärker voneinander.

Das Ende des Ersten Weltkrieges ging schließlich mit der Auflösung der k.u.k. Monarchie, welche zu den Kriegsverlierern zählte, einher. Die einzelnen Völker des einstigen Großreiches bildeten in der Folge eigenständige Nationen. Im Süden des heutigen Österreichs entstand im November 1918 der SHS-Staat. Der Grenzverlauf war zunächst unklar. Dies lag auch daran, dass die deutschsprachige und die slowenische Bevölkerung nicht klar voneinander abgegrenzt lebten. Als Folge kam es in der Südweststeiermark zu Kämpfen zwischen der österreichischen Volkswehr und Einheiten der SHS-Armee. Letztere besetzt unter anderem auch Leutschach, Ehrenhausen und Spielfeld. Nach internationaler Vermittlung konnte eine demilitarisierte Zone geschaffen werden. Diese verlief weitestgehend entlang der heutigen österreichisch-slowenischen Grenze. Zahlreiche deutschsprachige Gebiete südlich dieser Linie, vor allem die Stadt Marburg, fielen an den SHS-Staat. In der Folge flohen zahlreiche deutschsprachige Untersteirer in das Gebiet der heutigen Steiermark. Viele von ihnen konnten sich mit der Grenzziehung nicht abfinden und wurden später zu begeisterten Nationalsozialisten.

Als die Wehrmacht im April 1941 ihren Balkanfeldzug begann, der mit der vollständigen Eroberung Jugoslawiens und Griechenlands endete, brach ein zwar kurzlebiges aber umso grausameres Kapitel in der Grenzregion an. Zwischen 1941 und 1945 wurden jene Gebiete, die 1918 an den SHS-Staat fielen, wieder an die Steiermark angeschlossen. Damit verschwand die Grenze in der Südweststeiermark wieder. Für die slowenischsprachige Bevölkerung bedeute dies gnadenlose Unterdrückung. Ihre Sprache wurde verboten und ihre Kultur als minderwertig diskreditiert. Die harten Maßnahmen führten schließlich zum Erstarken der Partisanenbewegung. Eine Spirale der Gewalt setzte ein. Die Niederlage des NS-Regimes hatte im Mai 1945 die Wiederherstellung der Grenze von 1918 zur Folge. Vielfach nahmen Partisanen Vergeltungsmaßnahmen an der deutschsprachigen Bevölkerung Rache.

 

1945 bis heute

Zwischen 1945 und 1989 trennt der Eiserne Vorhang Österreich und das kommunistische Jugoslawien. Die Grenze war auch in der Südweststeiermark schwer bewacht. Es muss jedoch auch angemerkt werden, dass der Eiserne Vorhang vor allem aufgrund von Titos moderatem Kommunismus durchlässiger war als anderswo. So fand mit der Bevölkerung Jugoslawiens, natürlich hauptsächlich mit Slowenen, ein weitaus stärkerer Austausch statt, als dies mit den kommunistischen Ungarn, Slowaken oder Tschechen möglich war.

Die Neuordnung Europas führte am Balkan letztendlich zu einem blutigen Bürgerkrieg. Vor allem im Jahr 1991 war dieser für die Bewohner der Südweststeiermark deutlich spürbar. Da die slowenische Unabhängigkeit zunächst vom serbisch dominierten Jugoslawien nicht akzeptiert wurde, kam es zu einem 10-tägigen Krieg, der mit einem slowenischen Sieg änderte. In diesem Zeitraum überquerten Kampfflugzeuge und teilweise auch Geschosse die Grenze zu Österreich. Als Folge startete das Bundesheer einen Großeinsatz zur Sicherung der steirischen Grenze. Dieser dauerte mehrere Monate an.

Nach dem Ende des Jugoslawienkriegs im Jahr 1995 setzte eine nachhaltige Normalisierung der Grenzsituation in der Südweststeiermark ein. Bis zur Öffnung der Grenze dauerte es jedoch noch lange. Erst der slowenische EU-Beitritt im Jahr 2004 und der spätere Eintritt des Landes in den Schengen-Raum beseitigten die bis dahin allgegenwärtigen Grenzkontrollen. Viele wähnten nun das endgültige Ende der Grenze gekommen. Leider sollte sich diese Hoffnung nicht erfüllen. Die letzten Jahre, insbesondere die im Zuge der Flüchtlingsbewegung einsetzenden Grenzkontrollen und der Bau von Grenzbarrieren zeigten, dass die Grenze in der Südweststeiermark weiterhin von prägender Bedeutung ist. Es bleibt zu hoffen, dass sich das Rad der Geschichte nicht rückwärts dreht und die Grenzmauern wieder hochgezogen werden.

 

 

Martin Amschl