Volksbegehren als Sinn- und Zielbilder direkter Demokratie

Rauchen, Frauen, ORF – drei Volksbegehren sorgen für Aufsehen

 

„Heute starten drei Volksbegehren: Rauchen, Frauen, ORF“ – so betitelt die Zeitung derStandard am 1.Oktober 2018 einen Artikel zum Auftakt der Eintragungswoche für drei österreichische Volksbegehren, die bis achten Oktober 2018 unterschrieben werden können. Neben dem Volksbegehren „Don´t Smoke“ für ein Rauchverbot in der Gastronomie können die Bürgerinnen und Bürger das „Frauenvolksbegehren 2.0“ sowie die Initiative „ORF ohne Zwangsgebühren“ unterstützen. Drei zeitgleich laufende Volksbegehren zu brisanten gesellschaftlichen Themen, die für die Politik richtungsweisend sein können und sollen. Feststeht: alle drei Initiativen sorgen für Aufsehen, regen öffentliche Debatten an und verzeichnen beachtliches Interesse seitens der Bevölkerung. So konnte das Volksbegehren „Don´t Smoke“, das von der Ärztekammer Wien und der Österreichischen Krebshilfe initiiert wurde und am 15. Februar 2018 mit der Sammlung von Unterstützungserklärungen begann, bereits innerhalb der ersten Phase 591.146 Unterzeichner/innen gewinnen. Ziel der Initiative für ein Rauchverbot in der Gastronomie sind mindestens 900.000 Unterschriften. Für zahlreiche Unterstützer/innen mobilisieren indes auch die Initiator/innen des „Frauenvolksbegehren 2.0“. Gerechte Entlohnung in der Arbeitswelt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Teilhabe und Selbstbestimmung – so die Leitthemen der Vereinsbewegung. 1997 unterschrieben 644.665 Österreicher das erste Frauenvolksbegehren, mindestens so viele sollen es auch dieses Mal werden. Die Chancen stehen gut: das zweite Frauenvolksbegehren verzeichnet seit April 2018 bereits 247.436 Unterstützer/innen. Nicht zuletzt sorgt die Forderung „ORF ohne Zwangsgebühren“, in´s Leben gerufen vom Generalsekretär der Christlichen Partei Österreich (CPÖ) Rudolf Gehring, dieser Tage für Aufsehen. Bereits 2017 hat der Jurist mit seiner Partei versucht, den staatlichen Rundfunk durch ein Volksbegehren zu Fall zu bringen – 25.500 Unterschriften sammelte man damals dafür. Diesmal sollen weit mehr Unterzeichner/innen lukriert werden. Laut Homepage der CPÖ steht man derzeit bei 70.000 Unterschriften, wobei täglich neue hinzukommen.

Beteiligung, Politikbewusstsein und direkte Demokratie

 

Ungeachtet der inhaltlichen Ablehnung oder Befürwortung des einen oder anderen Volksbegehrens, versinnbildlicht die aktuelle Debatte rund um diese drei höchst medienwirksamen und breit angelegten Initiativen etwas sehr wichtiges: niederschwellige Beteiligung, lebendiges Politikbewusstsein und direkte Demokratie. So stellt das in Artikel 41 der österreichischen Bundesverfassung (B-VG) geregelte und im Volksbegehrengesetz 1973 näher bestimmte Volksbegehren ein Instrument der direkten Demokratie in Österreich dar. Mit ihm kann das Volk die Behandlung eines Gesetzesvorschlags im Nationalrat verlangen. Der wesentliche Erfolg eines Volksbegehrens liegt schließlich in einer Behandlung im Parlament. Dafür müssen die Initiator/innen zunächst einen Zulassungsantrag und darauf folgend, für das eigentliche Volksbegehren, innerhalb der Frist einer Woche 100.000 Unterschriften wahlberechtigter Personen vorlegen – je mehr desto vielversprechender. Ein direkter Einfluss auf die Gesetzgebung ist durch ein erfolgreiches Volksbegehren explizit nicht vorgesehen, jedoch wird der Nationalrat verfassungsgesetzlich verpflichtet, das Thema sowie die Forderung desselben zu diskutieren. Abseits dieser formal-rechtlichen Ebene spielen Volksbegehren auch eine wichtige mediale, bewusstseinsbildende und alltagspolitische Rolle. So werden die Forderungen der drei aktuell laufenden Volksbegehren in der österreichischen Bevölkerung thematisiert – in den Tageszeitungen, im Schulunterricht, am Stammtisch sowie am Gartenzaun mit der Nachbarin. Zudem fangen die drei Volksbegehren, deren Initiator/innen von jungen links-liberalen Feminist/innen bis hin zum erzkonservativen Chef einer Christen-Partei eine große Bandbreite repräsentieren, Bedürfnisse und Stimmungen der österreichischen Durchschnittsbevölkerung ein. Vielmehr noch: sie bilden diese Bedürfnisse und Stimmungen für Politik und Gesetzgebung ab, servieren sie Entscheidungsträger/innen auf mahnenden Silbertabletts mit erinnernden Merkzettelchen in der Gestalt zahlreicher Unterstützungserklärungen. Die Politik wäre gut beraten, diese Bedürfnisse und Stimmungen ernst zu nehmen und in ihrem politischen Handeln zu berücksichtigen. Und wir – die Wahlberechtigten, die wir uns hiermit aktiv an der direkten Demokratie unseres Landes beteiligen können – sollten dieses Instrument der Mitgestaltung nutzen.

Volksbegehren unterzeichnen, aber wie?

 

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Wahlberechtigte ein Volksbegehren unterstützen können: mit einer Unterschrift im Magistrat oder Gemeindeamt einer beliebigen Gemeinde (unabhängig vom Wohnsitz, persönlich auf dem entsprechenden Formular) oder via Internet mit einer qualifizierten elektronischen Signatur („Handy-Signatur“ bzw. Bürgerkarten).

Nähere Informationen dazu finden Sie hier: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/32/Seite.320412.html
https://www.bmi.gv.at/411/

Text: Martina Weixler